Jury berät im Missbrauchsvorwurf gegen Bill Cosby

Bill Cosby ist auf Fotos lachend zu sehen.
Bill Cosby ist auf Fotos lachend zu sehen. (c) imago/UPI Photo (JOHN ANGELILLO)
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Die Verteidigung des ehemaligen TV-Stars forderte einen Freispruch des 80-Jährigen. Cosby gab sich gut gelaunt.

Der Missbrauchsprozess gegen den früheren TV-Star Bill Cosby geht in die entscheidende Phase. Verteidigung und Anklage hielten am Dienstag ihre Schlussplädoyers, am Mittwoch will der Richter die zwölf Geschworenen instruieren. Verteidiger Tom Mesereau forderte vor Gericht in Norristown einen Freispruch für seinen Mandanten.

Das mutmaßliche Missbrauchsopfer Andrea Constand sei eine "krankhafte Lügnerin" und geldgierige "Betrügerin", sagte Mesereau. Im Falle eines Schuldspruches könnte Cosby den Rest seines Lebens hinter Gittern verbringen. Staatsanwältin Kristen Feden sagte in ihrem Abschussplädoyer, der wahre Betrüger sei Cosby. Er habe seine Berühmtheit genutzt, um sich das Vertrauen seiner Opfer zu erschleichen. Der frühere TV-Star habe Constand unter Drogen gesetzt, um sie gefügig zu machen.

Bereits zweiter Prozess gegen Cosby

Die ehemalige Universitätsmitarbeiterin Constand wirft dem heute 80-jährigen einstigen Comedy-Star vor, sie 2004 in seinem Haus in Philadelphia mit Tabletten betäubt und sich an ihr vergangen zu haben. Im Zuge einer außergerichtlichen Einigung hatte Cosby ihr vor zwölf Jahren 3,38 Millionen Dollar gezahlt. Es ist der zweite Prozess gegen Cosby im Fall Constand, nachdem das erste Verfahren im Juni geplatzt war. Damals konnten sich die Geschworenen nicht auf ein Urteil einigen.

Am Ende eines langen Tages sagte die Jury, sie sei "erschöpft", und Richter Steven O'Neill kündigte an, die zwölf Geschworenen erst am Mittwoch über ihre Pflichten zu unterrichten. Danach können die Beratungen über das Urteil beginnen. Sollte die Jury Cosby in allen drei Anklagepunkten - Penetration ohne Einwilligung, bei Bewusstlosigkeit des Opfers und nach der Verabreichung von Medikamenten - schuldig sprechen, könnte Cosby zu bis zu 30 Jahren Gefängnis verurteilt werden.

Lachend und gut gelaunt

Cosbys Ehefrau Camille, die seit mehr als 50 Jahren mit dem Schauspieler verheiratet ist, begleitete ihren Mann zu den Schlussplädoyers der Verteidigung. Sie verließ den Gerichtssaal aber in der Mittagspause wieder. Auf dem Weg zum Gericht hakte sie sich bei ihm unter und strahlte in die Kameras. Auch Cosby war auf Fotos lachend zu sehen. Offenbar zeigte sich Cosby auch während der Plädoyers amüsiert: "Er lacht, als ob es lustig wäre!", rief Staatsanwältin Feden einmal in seine Richtung. "Daran ist nichts lustig, Herr Cosby."

Der afroamerikanische Schauspieler wird von rund 60 Frauen beschuldigt, sie in früheren Jahrzehnten missbraucht zu haben. Da die meisten Anschuldigungen verjährt sind, beschränkt sich aber auch der neue Prozess lediglich auf den Fall Constand aus dem Jahr 2004.

Der aktuelle Prozess gegen Cosby steht unter anderen Vorzeichen als das erste Verfahren: Die Belästigungs- und Vergewaltigungsvorwürfe gegen den einstigen Hollywood-Mogul Harvey Weinstein und die #MeToo-Debatte haben den Blick auf sexuelle Gewalt gegen Frauen verändert. Außerdem hatte Richter Steven O'Neill zugestimmt, fünf weitere mutmaßliche Missbrauchsopfer Cosbys aussagen zu lassen. Beim ersten Prozess war es nur eine Frau.

(APA/AFP)

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