Gedenktag: Sobotka äußert Sorge um aufkeimenden Antisemitismus

Nationalratspräsident Sobotka und Bundesratspräsident Todt führten den Festakt im Parlament im Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus an. Vizekanzler Strache erschien, auch IKG-Präsident Deutsch nahm teil.

Das österreichische Parlament hat am Freitag zu seiner traditionellen Gedenkveranstaltung gegen Gewalt und Rassismus im Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus geladen. Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) warnte in seiner Ansprache vor dem Aufkeimen eines neuen Antisemitismus in Europa und der Welt. Das dürfe man "nicht achselzuckend zur Kenntnis nehmen, sondern man muss diesen Bodensatz bekämpfen".

Sobotka erinnerte daran, "dass es die Entmenschlichung war, die am Beginn der NS-Herrschaft gestanden ist" und diese Entmenschlichung vom "Anschein der Rechtsstaatlichkeit begleitet wurde". Aus diesem Grund "dürfen wir nicht zulassen, dass das Vertrauen in den Rechtsstaat" unterminiert werde.

Strache nahm am Festakt teil

Bundesratspräsident Reinhard Todt (SPÖ) mahnte, dass "wir die Verantwortung tragen, dass Abgrenzung und Ausgrenzung nicht wieder die Oberhand gewinnen", sondern der "soziale Zusammenhalt gewahrt wird und wir alle würdevoll zusammenleben". "Wir tragen die Verantwortung dafür, wozu wir fähig waren und wozu wir heute noch immer fähig sind."

Ausgetragen wurde die Veranstaltung im Zeremoniensaal der Hofburg. Im Zentrum stand, musikalisch begleitet, das Projekt "Dialog des Erinnerns - Geschichten brauchen Stimmen." Dabei erzählten Jugendliche die Geschichten von NS-Opfern, die im KZ Mauthausen ermordet wurden.

An dem Festakt nahmen neben Nationalrats-, Bundesrats- und EU-Abgeordneten mehrere Regierungsmitglieder - angeführt von Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) - sowie Vertreter der Oppositionsparteien teil. Anwesend waren zudem Zeitzeugen und Überlebende sowie Vertreter der Höchstgerichte und der Religionsgemeinschaften. Auch der Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde (IKG) Oskar Deutsch wohnte dem Festakt bei und nahm damit doch an einer Veranstaltung mit FPÖ-Politikern teil. Die IKG wollte eigentlich im heurigen Gedenkjahr Gedenkveranstaltungen mit FPÖ-Beteiligung boykottiert.

Der heutige Gedenkakt ist der Auftakt von einem Reigen an Gedenkveranstaltungen. Sonntagfrüh findet eine Kranzniederlegung vor dem Hrdlicka-Mahnmal gegen Krieg und Faschismus am Helmut-Zilk-Platz mit Bundespräsident Alexander Van der Bellen, Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und Vizekanzler Strache statt. Wenige Stunden später findet in der KZ-Gedenkstätte Mauthausen eine Gedenkzeremonie sowie eine Befreiungsfeier statt.

Nächste Woche lädt dann das Bundeskanzleramt Dienstagvormittag zu einem Festakt zum Gedenken an die Befreiung vom Nationalsozialismus und an die Beendigung des Zweiten Weltkrieges. Am Abend findet am Heldenplatz das "Fest der Freude" mit einem Konzert der Wiener Symphoniker statt.

(APA)

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