Für voestalpine-Chef Wolfgang Eder stellt sich die Frage, inwiefern die USA ein geeignetes Land für weitere Investitionen und für künftigen Wissenstransfer sind.
Im Aufschub der US-Strafzölle auf Stahl (25 Prozent) und Aluminium (10 Prozent) für die EU bis 1. Juni sieht Wolfgang Eder als Chef des Stahlkonzerns voestalpine "eine letzte Chance, gemeinsam mit den USA zu einer langfristig tragfähigen Lösung zu kommen", wie er zum "Handelsblatt" (Montagsausgabe) sagte. Leider deute aber einiges darauf hin, dass man die Entwicklung eher kritisch bewerten sollte.
"Der US-Präsident gibt der EU noch einmal eine Gelegenheit, auf seine Forderungen einzugehen, wirkliche Verhandlungen scheinen derzeit aber eher nicht gemeint zu sein", befürchtet Eder. Die voestalpine bereite sich jedenfalls auf alle Eventualitäten vor.
"Natürlich hilft uns in dieser Situation unsere starke US-Präsenz", so der Konzernchef. Die oberösterreichische voestalpine ist in den USA stark vertreten und beschäftigt dort rund 3.000 Mitarbeiter an 49 Standorten. In den vergangenen Jahren hat die Voest dort laut Eder rund 1,4 Milliarden Dollar (1,2 Milliarden Euro) investiert. 2017 erzielte der Konzern dort einen Umsatz von rund 1,2 Milliarden Euro. Davon entfielen den Angaben zufolge etwa 800 Millionen Euro auf Produktionsaktivitäten vor Ort. "Mit diesem Teil des Geschäfts sind wir also nicht von US-Strafzöllen betroffen - lediglich mit maximal 400 Millionen Euro Umsatz, die wir durch die Einfuhr von Stahlprodukten in die USA generieren", wäre die voestalpine betroffen. Das seien nur rund drei Prozent des Konzernvolumens. "Wirklich kritisch kann es für uns selbst im schlechtesten Fall nicht werden."
Die Frage sei vielmehr, was das für die Zukunft bedeute, inwiefern die USA ein geeignetes Land für weitere Investitionen und für künftigen Wissenstransfer seien.
Die EU habe "eine klare Position bezogen", wie sie auf die Handelspolitik des US-Präsidenten Donald Trump reagieren soll: Es solle sich nichts Grundsätzliches an den Handelsbeziehungen zwischen der EU und den USA ändern. "Das ist gut so", befindet Eder. Denn jede größere Veränderung würde bedeuten, dass die Beziehungen von Grund auf neu verhandelt werden müssten. "Das würde jahrelange Gespräche erfordern und für einen langen Zeitraum zu Unsicherheiten führen."
Das auf Eis liegende US-EU-Freihandelsabkommen TTIP (Transatlantic Trade and Investment Partnership) nun in Form eines "TTIP light" durchzubringen, "wäre eine echte langfristige Lösung". Doch daran glaubt Eder derzeit nicht. Denn dazu müsste man sich auf beiden Seiten seiner Sache in Bezug auf die politische Durchsetzbarkeit sehr sicher sein. "Leider ist das aber vor dem Hintergrund der aktuellen politischen Stimmungslage in Europa wohl eher Theorie, denn es gibt in einer Reihe von EU-Staaten große Bedenken gegen ein solches Abkommen." Angesichts dieser Stimmung in Europa halte er es für "sinnvoller, gegebenenfalls einzelne Segmente der Handelsbeziehungen zu diskutieren, als eine große Lösung anzustreben".
(APA)