Auslandssemester: Die ganze Welt ist ein Hörsaal

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Manche Dinge lernt man erst dann, wenn man die Hochschulen verlässt. Zumindest die eigene, um im Ausland die Erfahrungen zu machen, die kein Seminar daheim ersetzen kann.

Februar ist Schichtwechsel. Die einen kommen vom Ausland, die anderen gehen ins Ausland. Hier und dort gibt's noch eine Abschiedsparty, Koffer werden gepackt, Vorsätze gefasst, Reiseführer studiert. Ob Heimkehrer oder Durchstarter: Ein Auslandsaufenthalt prägt und verändert sie alle.

„An den Unis und Fachhochschulen ist der Tapetenwechsel mittlerweile nichts Außergewöhnliches“, sagt Eva Werner, Vizerektorin und Abteilungsleiterin für „Internationale Beziehungen“ der IMC Fachhochschule Krems. Prinzipiell gelte: Studenten jeder Fachrichtung würden von einem Auslandsaufenthalt profitieren. „Besonders groß ist die Nachfrage in IT, Technik, Management und sozialen Bereichen“, meint Andreas Zehetner, Leiter „International Relations“ der Fachhochschule Oberösterreich. Deshalb werde die Mobilität der Studierenden an Fachhochschulen aktiv gefördert. Schließlich erweitern Studierende im Ausland ihren Horizont genauso wie ihre Sprachkenntnisse; beides hilft auch, Vorurteile abzubauen. Mit offensichtlich bleibendem Effekt: Werner etwa behauptet, sofort jemanden zu erkennen, der längere Zeit im Ausland war. „Die Leute machen einen Sprung in der Persönlichkeit. Ich kenne niemanden, der nichts gelernt hat“, sagt Werner.

Gute Planung ist essenziell

Blindlings das Weite suchen bringt allerdings wenig: Viele Entscheidungen müssen im Vorfeld getroffen werden. Die Wichtigste davon: Wohin soll es gehen? „Nicht das Land muss passen, sondern die Partner-Uni“, sagt Zehetner. Wer das Auslandssemester hauptsächlich mit feuchtfröhlichen Partys assoziiert, der irrt: „Die Leute sind wissbegierig und fleißig. Nicht selten machen sie mehr Kurse als vorgeschrieben“, so Zehetner. Informationen über die jeweiligen Seminare und Kurse, die man belegen kann, bekommt man im „International Office“ der Fachhochschule und natürlich an der Partneruniversität selbst. In der Regel wird der Aufenthalt so akribisch vorausgeplant, dass die Studenten bei ihrer Ankunft bereits einen fixen Stundenplan in der Hand haben. Üblicherweise überlegt sich der Professor der FH gemeinsam mit dem Studierenden, welche Vorlesungen passen.

Optimal sei eine Verknüpfung des eigenen Studien-, Sprach- und Länderschwerpunkts, bekräftigt Werner. Ein Beispiel: Die Kombination etwa des Spezialgebiets „Osteuropäische Länder“ mit Kenntnissen einer Ostsprache und Erfahrungen, die man vor Ort gemacht hat, fügen sich im Lebenslauf zu einem attraktiven Gesamtpaket.

Mit Unterstützung oder auf eigene Faust

Nicht nur der Stundenplan, auch die finanziellen Angelegenheiten müssen vor dem Auslandsemester geklärt werden. Wer am Erasmus-Programm teilnehmen will, hat es einfach: Die meisten Fachhochschulen haben Verträge mit europäischen Partnerinstituten; Erasmus-Studenten sind von Studiengebühren befreit. Und die Seminare an der Gastuniversität lassen sich leichter in die Module zu Hause einpassen. Zudem erhalten die Studenten laut Zehetner ein Stipendium von bis zu 300 Euro pro Monat. „Außerdem geht bei Erasmus die Bewerbung schneller als bei anderen Stipendienprogrammen.“

Diejenigen, die ihr Semester auf eigene Faust organisieren, sogenannte „Freemover“, sollten etwas mehr Zeit einplanen. Aber auch das ist machbar, „selbst wenn es ein ziemlicher Papierkrieg ist“, wie Peter Fuchs meint, der an der FH des bfi Wien „Wirtschaft und Unternehmensführung“ studiert und selbst ein Semester in Argentinien verbracht hat.

Es muss aber nicht immer eine Fachhochschule oder Partneruniversität im Ausland sein, an der man internationale Erfahrungen sammelt. Man kann etwa auch direkt bei Unternehmen Praktika absolvieren. Nicht selten ist ein diesbezüglicher Aufenthalt Teil des Masterstudiums. Denn: „Wer später international tätig sein will, muss im Ausland gearbeitet haben“, so Werner.

Je mehr Auslandserfahrung, desto besser, vor allem auch für die Sprachkenntnisse: „Sprechen kann man nur im Ausland lernen“, meint Fuchs. Er selbst gehörte zwar an der FH zu den Besten in Spanisch, das richtige Sprachgefühl habe er allerdings erst vor Ort in Argentinien bekommen. Der spanischsprachige Raum gilt zurzeit als beliebte Destination für studentische Auslandsaufenthalte. Aber auch Osteuropa sowie Asien sind im Kommen. Und Australien sowie die USA bleiben weiterhin beliebt, aber teuer, weil es dorthin keine Erasmus-Förderungen gibt. Für Fuchs jedenfalls hat sich der Trip nach Argentinien auch ohne Erasmus-Förderung ausgezahlt: „Die Leute sind viel offener. Es wird viel getanzt und gelacht.“ Er selbst sei dadurch viel lockerer geworden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.02.2010)

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