Der chinesische Handybauer und Netzwerkausrüster ZTE steht vor dem Ruin, weil ihm der Zugang zu US-Technologie verweigert wird. Die Aktie wurde vom Handel ausgesetzt.
Hongkong. Der kalte Technologiekrieg zwischen den USA und China fordert nun sein erstes prominentes Opfer. Der chinesische Netzwerkausrüster und Handyhersteller ZTE teilte am Mittwoch mit, dass er „wichtige Geschäftsaktivitäten“ eingestellt hat. Der Handel mit ZTE-Aktien an der Hongkonger Börse wurde ausgesetzt. Die Kurse für ZTE-Bonds stürzten ab. Mittlerweile wird ein totaler Zusammenbruch des Unternehmens nicht mehr ausgeschlossen.
ZTE hat auch den Onlineverkauf auf der Internetplattform Aliexpress eingestellt, berichtete die Nachrichtenagentur Reuters. Das in Shenzhen beheimatete Unternehmen beschäftigte weltweit 75.000 Mitarbeiter, ist in rund 160 Ländern aktiv und erzielte zuletzt einen Umsatz von 109 Milliarden Renminbi (14,5 Mrd. Euro).
Mitte April hatte die US-Regierung angekündigt, den chinesischen Konzern für sieben Jahre vom Zugang zu amerikanischen Technologien auszuschließen. Besonders betroffen von diesem Bann ist die Handyproduktion. In ZTE-Smartphones stecken nämlich die Chips des US-Unternehmens Qualcomm. Nachdem diese Lieferungen ausbleiben, konnten nun große Teile der Produktion nicht mehr weitergeführt werden. In den Fabriken in Shenzhen seien Mitarbeiter zu Schulungen gerufen worden. De facto lungern die Fabriksarbeiter die meiste Zeit herum, heißt es in einem Bericht der „New York Times“.
Die Angst der Zulieferer
ZTE ist neben Huawei, Ericsson und Nokia einer der wichtigsten Netzwerkausrüster der Welt. Analysten halten es für äußerst fraglich, ob ZTE in absehbarer Zeit geeignete Zulieferer außerhalb den USA findet. Zudem fürchten auch andere Geschäftspartner Probleme mit den USA, falls sie weiterhin an ZTE liefern. So holte etwa der taiwanesische Halbleiterhersteller Mediatek nun extra eine Genehmigung seiner Regierung ein, dass er weiterhin an die Chinesen liefern darf.
Der Streit zwischen dem Unternehmen und den US-Behörden währt bereits viele Jahre. Die Amerikaner werfen ZTE vor, sich nicht an die Sanktionen gegen Nordkorea und den Iran gehalten zu haben. Der Netzwerkausrüster habe Telekomausrüstung an diese beiden Länder geliefert, sind sich die US-Behörden sicher.
Der Konflikt schien vor einem Jahr aus der Welt geschafft. Damals hatte sich das Unternehmen mit den US-Behörden geeinigt und sich auch zu einer milliardenschweren Strafzahlung verpflichtet. Im April platzte schließlich die Bombe. Das US-Handelsministerium erklärte den Deal für nichtig und bezichtigte das Unternehmen, bei den Verhandlungen falsche Angeben gemacht zu haben. Amerikanischen Unternehmen sei es deshalb bis 2025 verboten, mit ZTE zusammenzuarbeiten.
Man sei weiterhin um ein „positives Gespräch“ mit den US-Behörden bemüht, teilte ZTE am Mittwoch mit. Der kalte Technologiekrieg zwischen den USA und China hat eine neue Eskalationsstufe erreicht. (ag/red.)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.05.2018)