Song Contest

Lautmalerische Botschaft aus Israel

„Danke, dass ihr das Anderssein gewählt habt.“ Sängerin Netta Barzilai holte den ESC-Titel für Israel.
„Danke, dass ihr das Anderssein gewählt habt.“ Sängerin Netta Barzilai holte den ESC-Titel für Israel.(c) REUTERS (PEDRO NUNES)
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Die Jury kürte Österreichs Beitrag von Cesár Sampson zum Besten des Abends, Europas Zuseher entschieden sich für Israel und Netta Barzilais MeToo-Statement.

Das Publikum entschied sich ganz eindeutig für Israel und die unkonventionelle Sängerin Netta Barzilai mit ihrem rhythmischen Elektro-Pop-Song „Toy“. Um 0.40 Uhr stand das Siegerland des 63. Eurovision Song Contest fest. Kurz davor hatte es eine Weile so ausgesehen, als könnte Österreich mit seinem Kandidaten, Cesár Sampson, den Liederwettbewerb nur vier Jahre nach Conchita Wurst erneut gewinnen. Was im ORF angesichts der Kostenlawine wohl nicht nur Freudenstürme ausgelöst hätte. Die internationalen Fachjurys hatten Sampson und sein melodisches „Nobody but you“ auf Platz eins gewählt. Das Publikum war weniger euphorisch. Immerhin reichte es insgesamt für den sehr guten dritten Platz.

Nettas Sieg war wenig überraschend. Schon seit der Bekanntgabe ihrer Teilnahme galt sie als Favoritin. Weil da eine Persönlichkeit mit Botschaft die Bühne bespielte. Der feministische Text ihres Songs ist beides, die vorlaute Antwort auf die globale #MeToo-Debatte – im Refrain heißt es: „I'm not your toy, stupid boy“ – und die selbstbewusste Ansage einer Frau, die nicht den klassischen Schlankheits- und Schönheitsidealen der Gegenwart entspricht. Zuerst singt sie „Look at me, I'm a beautiful creature“, um dann die Männer herzlich zu begrüßen, ihnen aber auch gleich mitzuteilen, sie werde ihnen einiges beibringen: „Welcome boys, too much noise, I will teach you.“ Das Andersartige hat beim Song Contest wieder einmal gewonnen; nur auf Platz 2 landete die impulsive Eleni Foureira aus Zypern, die mit ihren langlockigen, offenen Haaren und im goldenen Glitzer-Catsuit eher das klassische Sexsymbol verkörperte.

Für Israel ist es der vierte Song-Contest-Triumph nach 1978, 1979 und 1998 – und er kommt zu einem interessanten Zeitpunkt: Das Land begeht gerade feierlich das 70. Jubiläum seiner Staatsgründung. Doch die außenpolitische Lage ist so angespannt wie schon länger nicht. Die Spannungen zwischen Israel und dem Iran, dem engsten Verbündeten des syrischen Machthabers Bashar al-Assad, sind zuletzt gefährlich eskaliert. Israels Verteidigungsminister Avigdor Lieberman nahm das Song-Contest-Ergebnis seines Landes prompt zum Anlass für eine erneute verbale Breitseite gegen Syrien und den Iran. Er sagt in Anspielung auf Nettas Lied, Assad solle „lernen, was heute passiert“ und dem iranischen Ayatollah Ali Khamenei sagen, dass er „nicht sein Spielzeug“ sei, schrieb Lieberman auf Twitter. Der Iran habe „nichts in Syrien zu suchen“.

Insgesamt blieb die Show in Lissabon mit vier Moderatorinnen glatt und unspektakulär. Wäre da nicht die Störung beim Auftritt von Fixstarter England gewesen. Während der Performance von Sängerin SuRie stürzte ein portugiesischer Gast auf die Bühne, entriss ihr das Mikrofon und schrie auf Portugiesisch so etwas wie „For the nazis of the UK media, we demand freedom“, bevor ihn die Security von der Bühne zerrte. Der Auftritt hatte für eine kurze Schrecksekunde gesorgt, die Briten aber nahmen es gelassen. Sie wollten ihren Song am Ende der regulären Show gar nicht nochmal singen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.05.2018)

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