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Potential ist nur, was man erkennt

Robert Frasch
Robert Frasch
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Blog "fach-kräftig", Folge 18. In diesem Blog nähert sich wöchentlich eine Top-Führungskraft dem Thema Fachkräfte aus der Perspektive ihrer Branche und ihres Unternehmens. Diese Woche: Robert Frasch, Lehrlingsexperte.

Das Schlagwort des Facharbeitermangels wird immer öfter gebraucht. Vor allem in den technischen Bereichen ist es schon alltäglich, in allen anderen offenbar mit der Digitalisierung zunehmend auch. Sehen wir wirklich alles, was da ist?

In vielen Gesprächen mit Ausbildern und Personalverantwortlichen ist er einer der meistgenannten Begriffe, der Fachkräftemangel. Scheinbar ist so gut wie keine Branche mehr vor ihm sicher und auch in allen Medien ist dieser Begriff omnipräsent. Das führt mich immer öfter zur Überlegung, wie viel selektive Wahrnehmung dabei eine Rolle spielt. Oder wie viel Bewerbermangel auch schlicht hausgemacht ist. Erst vor kurzem hat ein Spitzengastronom wieder geklagt, dass er schon gar keine Bewerbungen mehr bekommt, nicht einmal schlechte. Vielleicht liegt das aber gar nicht an den Bewerbern. Sondern daran, dass auf den Webseiten dieses Gastronomen keinerlei Hinweis auf eine freie Stelle zu finden ist?

In vielen Betrieben ist auch nach wie vor das Schulzeugnis ein wichtiges Kriterium. Aber Hand aufs Herz, wie soll denn das Schulzeugnis aussehen? Die Eltern werden bei gutem Zeugnis alles daran setzen, dass die Kinder die Schullaufbahn fortsetzen. Das Motto lautet schon seit Langem, den höchstmöglichen Schulabschluss zu erreichen. Auch das wäre ein mögliches Beispiel für selektive Wahrnehmung.

Aber zurück zum Thema. Jene Betriebe, die sich auf Bewerber einlassen, entdecken hinter den Noten nach wie vor Bewerber, die Willen zeigen. Ja, es gibt auch genug die schon so verunsichert und demotiviert sind, dass es schwierig ist sie wieder aufzurichten. Aber jemand aus einem großen Kfz-Betrieb hat mir erst vor Kurzem erzählt, er habe eine junge Frau aufgenommen, die davor in der Tourismusschule katastrophal abgeschnitten hatte. Dort musste sie hin, weil die Eltern einen großen Gastronomiebetrieb besitzen. Jetzt repariert sie Motoren und ist eine der Besten unter den Lehrlingen.

Wenn wir Jugendliche annehmen und uns Gedanken machen, wer die Menschen hinter den Noten sind, entdecken wir Potentiale. Wenn wir verunsicherten Jugendlichen und verzweifelten Eltern in unserem Employer Branding Hoffnung auf ein selbstbestimmtes und erfolgreiches Berufsleben vermitteln, dann steigen unsere Chancen, Bewerber zu bekommen. Und wenn wir denen dabei helfen, ihr Selbstvertrauen zu entdecken, verändern wir Schritt für Schritt auch den Fachkräftemangel. Warten wir nicht, bis irgendjemand anderer irgendetwas macht. Machen wir (uns) selbst wieder mehr Lust auf Ausbildung!

 

Dieser Blog entsteht gemeinsam mit Robert Frasch, Österreichs Experten für duale Ausbildung. Der Gründer des Ausbildernetzwerks lehrlingspower.at und Herausgeber des Fachportals ausbilden.co.at sorgt mit vielen Projekten für die Steigerung der Qualität in der Ausbildung. Als Key Note Speaker gibt er der Lehre national und international eine professionelle Stimme und macht deren Herausforderungen und Leistungen sichtbar. Mehr über Robert Frasch finden Sie im Internet unter www.robertfrasch.com


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