Vor neuem Handelskrieg mit USA

Mit ihren Importautos hatten die Deutschen nicht immer Glück: Hier stehen Hunderte VW und Audi, die wegen des Dieselbetrugs aus dem Verkehr gezogen werden mussten.
Mit ihren Importautos hatten die Deutschen nicht immer Glück: Hier stehen Hunderte VW und Audi, die wegen des Dieselbetrugs aus dem Verkehr gezogen werden mussten. (c) REUTERS (LUCY NICHOLSON)
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US-Präsident Trump lässt Zölle bis zu 25 Prozent auf Autoimporte prüfen. Obwohl die deutschen Hersteller viele Pkw in den USA produzieren, würde sie die Maßnahme hart treffen.

Washington/Wien. Die deutschen Autobauer bekommen es derzeit heiß-kalt: China erklärte rechtzeitig zum Besuch von Deutschlands Bundeskanzlerin, Angela Merkel, die Importzölle auf Pkw drastisch zu senken (siehe auch Bericht auf Seite 3). Ab 1. Juli sollen nur noch 15 statt der aktuell 25 Prozent aufgeschlagen werden. Gleichzeitig kündigte US-Präsident Donald Trump in der Nacht auf Donnerstag aber an, man werde Importzölle auf Autos prüfen. Laut „Wall Street Journal“ erwägen die USA Schutzzölle bis zu einer Höhe von 25 Prozent.

Die Vereinigten Staaten sind für VW, Audi, Porsche, BMW und Mercedes nach China der wichtigste Exportmarkt. 2017 lieferten sie etwa 500.000 Autos in die USA. Diese Zahl hat in den vergangenen Jahren allerdings stark abgenommen. Denn mittlerweile produzieren die deutschen Hersteller viele Pkw vor Ort, vor allem in den Bundesstaaten Alabama, Tennessee und South Carolina. 2017 verließen etwa 800.000 Fahrzeuge diese Fabriken, von denen aber nur knapp 40 Prozent in den USA verkauft wurden. Insgesamt arbeiten etwa 36.000Menschen für die deutschen Autofirmen.

Gerade BMW hat seine US-Produktion kontinuierlich ausgebaut. In Spartanburg (South Carolina) werden die SUV X3, X4, X5 und X6 hergestellt. Laut einer Statistik des Center for Automotive Research deckt BMW damit etwa 30 Prozent seiner Verkäufe in den USA ab, der Rest der Fahrzeuge wird exportiert bzw. für den US-Verkauf importiert.

Ähnlich die Situation bei Mercedes, das die C-Klasse und auch das SUV GLE in Alabama fertigt. Volkswagen baut sogar eigene Fahrzeuge nur für den US-amerikanischen Markt, etwa das SUV Atlas oder einen US-Passat. Die Konzerntochter Porsche dagegen wäre von Importzöllen hart getroffen: Der Sportwagenhersteller betreibt in den USA derzeit keine eigene Produktion. Ähnlich Audi, das alle Autos importiert.

Noch ist freilich völlig unklar, wie die Zölle aussehen könnten und ob sie überhaupt kommen. Laut Medienberichten hat Trump das US-Handelsministerium angewiesen, Importzölle auf Pkw, Lkw und Autoteile zu prüfen. Es müsse geklärt werden, ob die Autoeinfuhren eine Gefahr für die nationale Sicherheit der USA seien. Mit diesem Argument hat der US-Präsident auch die Schutzzölle auf Stahl und Aluminium begründet, von denen die EU noch bis 1. Juni ausgenommen ist.

„Ein Albtraum“

An der Börse in Frankfurt sackten die Autowerte gestern im Lauf des Tages um bis zu zweieinhalb Prozent ab. „Importzölle auf Autos wären ein Albtraum für die deutsche Autoindustrie und würden massive Absatzeinbußen bedeuten“, sagte Portfoliomanager Thomas Altmann vom Vermögensverwalter QC Partners.

Die deutschen Autobauer äußerten sich am Donnerstag zurückhaltend. Freier Marktzugang sei ein entscheidender Faktor sowohl für das Geschäftsmodell von BMW als auch für die globale Wirtschaft, betonte der Münchner Konzern. Volkswagen teilte mit, die Erfahrung zeige, dass einseitiger Protektionismus langfristig niemandem geholfen habe. Nur freier und fairer Handel sichere Wohlstandsgewinne. Daimler (Mercedes) erklärte: „Wir beobachten die Situation aufmerksam und spekulieren nicht über laufende Verhandlungen.“

Deutschland kämen die Autozölle teuer zu stehen, wie das IFO-Institut errechnet hat. Das Bruttoinlandsprodukt wäre um etwa fünf Milliarden Euro niedriger. Für Österreichs Zulieferindustrie errechnete das IFO einen Verlust von 192Mio. Euro durch einseitig verhängte Strafzölle von 25Prozent. Das wären 0,05 Prozent des BIPs.

In der EU will man mit einer Reaktion noch abwarten. „Also, es ist jetzt wirklich sehr schwierig zu wissen, was das bedeutet und was dahintersteckt. Es ist besser, das lieber nicht allzu viel zu kommentieren“, meinte der Vizepräsident der EU-Kommission, Jyrki Katainen. (red./ag.)

AUF EINEN BLICK

US-Präsident Trump lässt derzeit prüfen, ob die USA Zölle auf Importautos verhängen sollen. Ein Drittel aller in den USA verkauften Autos wird importiert, die deutschen Hersteller liefern etwa 500.000 Fahrzeuge in die Vereinigten Staaten. Zugleich aber haben sie ihre Produktion in den Vereinigten Staaten in den vergangenen Jahren stark ausgebaut. Aktuell stellen BMW, Mercedes und VW etwa 800.000 Fahrzeuge im Jahr in den USA her.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.05.2018)

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