„Absurdes“ Warten auf ORF-Chefs

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Alle ahnen, wer die neuen Chefs für ORF eins und ORF2 sein werden. Aber die offizielle Bekanntgabe durch Generaldirektor Alexander Wrabetz steht immer noch aus.

Offiziell ist es noch immer nicht. Obwohl längst fest stehen dürfte, wer die Senderchefs und Chefredakteure von ORF eins und ORF2 werden sollen, hielt sich Generaldirektor Alexander Wrabetz auch am Donnerstag vorerst bedeckt. Er lädt heute, Freitag, zu einer Mitarbeiterinformationsveranstaltung mit dem kreativen Titel „Frei.Talk“. Dort soll laut Einladung über die Zukunft des ORF, Auftrag und Finanzierung diskutiert werden. Dabei wäre es auch ein guter Rahmen, um die Mitarbeiter über neue Postenbesetzungen zu informieren. Beobachter glauben aber, dass Wrabetz lieber keine offiziellen Bekanntgaben vor oder bei einem solchen Anlass macht, um sich nicht coram publico der Kritik auszusetzen.

Diese wird es aber geben, wenn die Posten so besetzt werden, wie allseits angenommen wird – und zwar nach Abstimmung mit den Regierungsparteien: Channelmanagerin von ORF eins wird dessen Infochefin, Lisa Totzauer (47), Chefredakteur wird Wolfgang Geier (52), bisher stellvertretender Innenpolitik-Chef. Bei ORF2 wird Alexander Hofer (46) zum Channelmanager. Der ehemalige Wetterredakteur leitet seit einem Jahrzehnt die „Seitenblicke“ und hat u. a. „Guten Morgen Österreich“ entwickelt. Die ORF2-Chefredaktion übernimmt der bisherige Innenpolitik-Redakteur und stellvertretende Chronik-Chef Matthias Schrom (44).

Intern sorgen vor allem die ORF2-Bestellungen für Unmut. Hofer gilt zwar als in der (niederösterreichischen) ÖVP gut vernetzt, aber die Leitung eines Senders trauen ihm nicht alle zu. Schrom wiederum gilt zwar als umgänglicher Kollege, der nach vielen „ZiB“-Einsätzen bei FPÖ-Veranstaltungen eher unabsichtlich zum blauen Liebkind wurde, aber auch wenig gegen diese Punzierung tun konnte. Bei der Abstimmung der Redakteure erhielt er aber nur neun Stimmen – der amtierende Chefredakteur, Fritz Dittlbacher, hingegen die Zustimmung von gut der Hälfte der anwesenden 108 Redakteure. Wobei das auch die Angst vor Veränderung im „ZiB“-Team zeigen mag. Dittlbacher, der 2010 auf Wunsch der SPÖ Chefredakteur wurde, soll künftig als „ZiB“-Redakteur arbeiten. Die ihm angebotene Leitung der Abteilung Zeitgeschichte und Wissenschaft hat er angeblich abgelehnt.

Auch Totzauer gilt als Wunschkandidatin – und zwar der türkisen ÖVP – und ist dennoch intern unumstritten. Sie hat ihre Kompetenz und Führungsstärke seit 2012 als ORF-eins-Infochefin sowie als Entwicklerin neuer, erfolgreicher TV-Formate wie der „Wahlfahrt“ bewiesen und sich stets aus Postenbesetzungsspielchen herausgehalten.

Was Wrabetz mit der neuen Channel-Struktur und der Neuvergabe wichtiger Posten in der ORF-Information bezweckt, lässt sich leicht an der neuen Organisationsstruktur (siehe Grafik) erkennen, die seit Mai gültig ist. Sie weist den ORF-Generaldirektor auch als Verantwortlichen für das Channel-Management aus – damit ist Wrabetz für die neuen Senderchefs, deren Chefredakteure und die TV-Info (u. a. die „ZiB“s) direkt zuständig. Eine eiskalte Entmachtung von Programmdirektorin Kathrin Zechner, die künftig nur noch weniger heikle Hauptabteilungen (von Magazine/Servicesendungen bis TV-Film, Sport und Religion) verantwortet.

„Es heißt immer nur morgen, morgen“

Wrabetz aktuelle Zögerlichkeit halten ORF-Mitarbeiter für „absurd“: „Es heißt immer nur morgen, morgen, morgen“, sagen Insider. Und: Es kann durchaus sein, dass die neue Struktur so, wie sie geplant ist, gar nicht sofort schlagend werden kann. Beobachter vermuten, dass Wrabetz zwar bald die Namen bekannt geben wird – allerdings mit einer Übergangsphase: Dem Vernehmen nach soll die neue Chefetage ab 1. Juni im Amt sein, aber dann müssen – über den Sommer – die beiden Sender mit ihren Abteilungen organisatorisch auseinanderdividiert werden. Die neue Struktur würde erst im August oder spätestens im Herbst stehen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.05.2018)

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