Oliver Marach: „Ich hatte sehr viele Neider“

Oliver Marach und Mate Pavić
Oliver Marach und Mate Pavić REUTERS
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Oliver Marach ist seit Montag die Nummer zwei der Doppelweltrangliste und zählt mit dem Kroaten Mate Pavić auch in Paris zu den Titelanwärtern. Vorgezeichnet war sein Weg nicht.

Paris/Wien. Der Husten ist unüberhörbar. „Am Sonntag ist es mir gar nicht gut gegangen“, sagt Oliver Marach. Seine Frau, Jessie, und die beiden Töchter, Leah und Amelie, kränkeln schon seit einigen Tagen, nun hat es auch Oliver Marach erwischt. Ein denkbar ungünstiger Zeitpunkt unmittelbar vor Beginn eines Grand-Slam-Turniers. Immerhin, „zum Glück muss ich keine Antibiotika nehmen“. Sonst gibt es über den 37-Jährigen nur Positives zu berichten. Erst am Samstag hat er an der Seite von Mate Pavić die Doppelkonkurrenz in Genf gewonnen, es war der 21. Titel des Steirers insgesamt, der vierte in der laufenden Saison. Ein Erfolg mit Folgen.

In der Weltrangliste scheint Marach hinter Pavić auf Platz zwei auf, besser war er in seiner langen Karriere noch nie klassiert. Dass sein 13 Jahre jüngerer Standardpartner 50 Punkte mehr aufzuweisen hat, liegt einzig und allein daran, dass Pavić im Vorjahr vereinzelt noch mit anderen Spielern aufgetreten ist. Mittlerweile ist das österreichisch-kroatische Gespann unzertrennlich und das erfolgreichste Doppel der Gegenwart, obwohl eigentlich permanent einer der beiden mit körperlichen Problemen zu kämpfen hat. Seit dem Frühjahr plagen Pavić starke Rückenschmerzen. „Deswegen haben wir das Finale in Monte Carlo verloren und mussten für Barcelona und Madrid absagen. Sonst könnte es noch besser ausschauen“, erklärt Marach im Gespräch mit der „Presse“. Standen die beiden aber auf dem Platz, „haben wir gut gespielt“. 32 Siegen stehen nur sechs Niederlagen gegenüber. Zum Vergleich: Rafael Nadal, der Weltranglistenerste im Einzel, hat eine 23:2-Saisonbilanz vorzuweisen.

Dabei war der Weg des Oliver Marach zum absoluten Weltklassedoppelspieler keineswegs vorgezeichnet. Zunächst spielte er wenig bis gar kein Doppel, konzentrierte sich auf seine Einzelkarriere, die im August 2006 mit Platz 82 ihren Höhepunkt fand. Er schlug zwar namhafte Spieler wie Gastón Gaudio, Richard Gasquet oder Gilles Simon, der große Durchbruch blieb ihm allerdings verwehrt, mitunter verletzungsbedingt. Irgendwann stand Marach vor der Wahl: Entweder kleinere Einzelturniere oder größere Doppelturniere. Seine Entscheidung, sich auf das Doppel zu konzentrieren, hat er zu keinem Zeitpunkt bereut. „Ich habe mich im Doppel ziemlich schnell zurechtgefunden.“

Allen Zweiflern zum Trotz

Einige hatten dem in Graz geborenen und seit einigen Jahren in Panama lebenden Rechtshänder überhaupt keine internationale Karriere zugetraut. Marach war in seiner Jugend national nie Altersbester. „Ich war ein Spätzünder, hatte sehr viele Neider. Mir wurde gesagt, dass ich es nicht einmal in Österreich zu einem Topspieler schaffen werde.“ Seit 1998 tourt Marach nunmehr als Profi um den Globus, hat knapp 3,4 Millionen US-Dollar Preisgeld (brutto) eingespielt. Allein 2018 waren es schon 587.244 Dollar. Für Marach eine angenehme Begleiterscheinung, aber: „Ich schaue nicht aufs Geld. Spielen wir gut, kommt der Rest von allein.“ Finanzielle Sorgen plagen den Familienvater keine, abseits des Tennisplatzes ist er längst auch ein umtriebiger Geschäftsmann geworden und besitzt einige Immobilien in Panama.

Marach leistet sich keinen sündhaft teuren Sportwagen, sein täglicher Luxus ist gutes Essen. „Das verbindet Mate und mich.“ Abends darf es gelegentlich auch eine exquisite Flasche Rotwein sein, selbst während einer Turnierwoche. „Da sind wir nicht so streng mit uns selbst.“ Erfolgreiche French Open wären ein perfekter Anlass, um mit einem edlen Tropfen anzustoßen. Marach/Pavić starten ihre Mission gegen das kanadisch-niederländische Duo Adil Shamasdin/Sander Arends.

FRENCH OPEN

Vorjahresfinalist Stan Wawrinka ist in der ersten Runde der French Open ausgeschieden. Der Schweizer unterlag dem Spanier Guillermo García-López 2:6, 6:3, 6:4, 6:7, 3:6. Wawrinka, der nach abermaligen Verletzungsproblemen erst vor zwei Wochen in Rom zur Tour zurückgekehrt ist, wird in der Rangliste damit aus den Top 250 fallen.

Auch für Andreas Haider-Maurer kam bei seinem letzten Turnier mit Protected Ranking das frühe Aus: 6:7, 3:6, 3:6 gegen den Russen Karen Chatschanow.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.05.2018)

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