Seeresidenzen. Es muss nicht immer eine Villa sein – auch wenn diese fraglos die Krönung ist.
Die Füße vom eigenen Steg baumeln lassen, das Boot im eigenen Bootshaus vertäuen und die Angelrute am eigenen kleinen Strand auswerfen: Viel luxuriöser geht die Freizeitgestaltung in Österreich in Ermangelung eines Meeres nicht. Für Seegründe an den beliebten Badeseen im Salzkammergut, im Salzburger Seengebiet und an den Kärntner Ufern werden daher Grundstückpreise bis zu über 4000 Euro pro Quadratmeter aufgerufen – Dach über dem Kopf exklusive. Zu den stärksten Preistreibern und damit größten Statussymbolen gehören dabei Stege und Bootshäuser, da diese heute nicht mehr neu genehmigt werden und entsprechend begehrt sind. Doch auch wer mit wirklich großem Budget ausgerüstet ist, lernt bei der Suche nach einer Seeliegenschaft wieder eine gewisse Demut, denn es gibt so gut wie nichts.
Lange Wartezeiten
Wer darüber hinaus Sonderwünsche wie einen exakten Ort an einem exakten See hat, muss sich fallweise auf mehrjährige Wartezeiten einstellen. Zumindest, wenn es um die klassische Villa am Wasser geht. Weshalb sich die Immobilien-Entwickler in den vergangenen Jahren einiges haben einfallen lassen, um investitionswillige Wasserfreunde bedienen zu können. Etwa mit Luxuswohnanlagen, in denen sich die Besitzer mehrerer hochwertiger Eigentumswohnungen den hauseigenen Badestrand teilen, Liegen- und Handtuchservice inklusive. Oder durch Wohnanlagen mit kleinen Hauseinheiten, die direkt ans beziehungsweise auf das Wasser gebaut werden.
Reihenhaus in Neusiedl am See
Wie beispielsweise beim Projekt „Am Hafen“ in Neusiedl am See, bei dem auf einem Festlandpier, der in den See hineinragt, insgesamt 19 Seehäuser entstehen, die alle nicht nur eine private Terrasse direkt am Wasser haben, sondern auch einen eigenen Liegeplatz fürs Boot. Je nach Ausrichtung und Lage am Pier kosten die 111 Quadratmeter großen Reihenhäuser mit drei Zimmern jeweils eine gute Million Euro und können wahlweise ganzjährig oder als Zweitwohnsitz genutzt werden. Das Filetstück der Anlage ist allerdings Haus Nummer neun, das die stolze Angabe XXL im Namen trägt. Was wohl weniger der reinen Wohnfläche geschuldet ist – die mit 140 statt 111 Quadratmeter ein Zimmer mehr umfasst –, sondern vielmehr der Lage am Steg. Nummer neun ist nämlich das letzte der Häuser auf der Seeseite der Anlage und verfügt entsprechend über eine 180-Grad-Sicht über das Wasser bis nach Ungarn.
Weshalb für dieses Objekt auch knapp 2,2 Millionen Euro aufgerufen sind. Dafür gibt es neben „mein Boot, mein Haus“ moderne Architektur samt begrüntem Dach und einer Lärchenholzfassade. Im Inneren ein offenes Wohnkonzept mit vier Zimmern, drei Bädern, viel Glas und Licht. Außerdem zwei Stellplätze und auf Wunsch auch noch Extras wie einen Infinity-Pool, eine Klimaanlage, ein Bus-System und weitere Stellplätze. Die Fertigstellung der Anlage ist für 2019 geplant, vermittelt werden die Objekte von Realquadrat Immobilien Consulting.
Wohnung am Wörthersee
Zu denen neuesten Luxusprojekten an Kärntner Seen gehört derzeit „Laisseefaire“ am Nordufer des Wörthersees. Hier wurden jüngst 18 Seesuiten, zwei Penthäuser und fünf Atriumhäuser direkt am See errichtet, deren Bewohner sich die Infrastruktur am Wasser teilen. Dazu gehören der hauseigene Bade- und Bootsanlegesteg, ein Pool und ein Strandbereich samt Liegen und Sonnenschirmen. Derzeit noch zu haben sind die Seesuiten, die Erdgeschoßwohnungen der Anlage, die es in Größen zwischen 78 und 120 Quadratmetern mit zwei bis vier Zimmern und Gartenanteilen bis zu 270 Quadratmeter gibt. Die Preise für diese Wohnungen beginnen bei 8500 Euro pro Quadratmeter, Infos gibt es unter www.laisseefaire.at.
Wenn Kompromisse jedweder Art bei der Wahl der Seeresidenz aber so gar nicht infrage kommen und die Objekte den Charme der guten alten Zeit und die Erinnerungen an die Kindheit mitbringen sollen, muss man entsprechend tiefer in die Tasche greifen. Wie tief genau, erfährt man meist erst dann, wenn man glaubhaft machen kann, dass man zumindest theoretisch die geforderte Summe auch aufbringen könnte.
Mit Bootshaus und Steg
„Preis auf Anfrage“ heißt es daher auch bei einem Anwesen in Bestlage am Attersee, das mit den Schlagworten des großen Seeluxus daherkommt: Bootshaus, Steg, 80 Meter Seeufer lauten diese, und die Zusätze Tennisplatz und parkähnlicher Garten lassen das Ganze nicht günstiger werden. Auf diesem über 7000 Quadratmeter großen Grund finden sich neben alten Bäumen ein Haupt- und ein Gästehaus, die aus dem Jahr 2000 stammen. Hochwertig im traditionellen Stil gebaut, sind sie nicht nur in gutem Zustand, sondern vereinen alte Wohnideen mit jenen der 2000er-Jahre.
So finden sich hier neben Klassikern wie Holz, Klinkerböden, Terrakotta und diversen Kachelöfen auch durchaus moderne Spielereien wie eine zentrale Staubsaugeranlage und ein Personenlift. Gewohnt wird in zehn Zimmern mit fünf Bädern, vermittelt wird das Anwesen durch Immobilien Kurz.
Mit Gästehaus & Stallungen
Irgendwie noch ein wenig strenger klingt das „Preis auf Anfrage“ bei einem Anwesen in St. Wolfgang, das bereits das Prädikat „herrschaftlich“ verdient hat. Denn hier finden sich auf dem 17.000 Quadratmeter großen Grundstück neben zwei Häusern und einem Tennisplatz auch noch Stallungen auf dem Gelände. Außerdem gibt es ein Bootshaus – das allerdings auf einem separaten Seegrundstück steht, das durch die Promenade vom Ufer getrennt ist. Das Haupthaus wurde 1894 erbaut und birgt jede Menge historischer Details, von Kassettendecken über Wandverkleidungen bis zu Geweihen in allen Größen. Und jede Menge Platz.
Neun Schlafzimmer und sechs Bäder verteilen sich hier neben den Wohnräumen auf 600 Quadratmetern Wohnfläche. Wird noch mehr Platz gebraucht, gibt es diesen im 2002 erbauten Gästehaus, das noch einmal 240 Quadratmeter mit fünf Schlafzimmern und vier Bädern vorzuweisen hat. Vermittelt wird die Liegenschaft über Marlies Muhr Immobilien. (sma)
TEURE WASSERLINIEN
Der eigene Seezugang gehört zu den rarsten und teuersten Immobilienfaktoren der Republik. Bis zu 4000 Euro pro Quadratmeter müssen dafür an den beliebtesten Seen des Landes für unbebauten Grund bezahlt werden – und selbst mit diesem Budget muss man oft lange warten. Weshalb Bauträger Alternativen zum eigenen Haus am See entwickeln, auch wenn für manche nur der Klassiker direkt am Wasser infrage kommt.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.06.2018)