Israel droht dem Iran mit einem Militärangriff

Teheran kündigt an, seine Urananreicherung wieder hochzufahren, sollte der Atomdeal nicht gerettet werden.
Teheran kündigt an, seine Urananreicherung wieder hochzufahren, sollte der Atomdeal nicht gerettet werden.(c) REUTERS (Stringer .)
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Pünktlich zur Juni-Sitzung der IAEA in Wien kündigt Teheran an, seine Urananreicherung wieder hochzufahren, sollte der Atomdeal nicht gerettet werden.

Wien. Am Montag hatte der Chef der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA in Wien noch versucht, die Wogen zu glätten und der iranischen Seite ins Gewissen zu reden. Eine „pünktliche und proaktive Kooperation“ mit den Inspektoren werde die Umsetzung des Atomvertrags erleichtern und das Vertrauen in die Islamische Republik erhöhen, erklärte Yukiya Amano zum Auftakt der viertägigen Sitzung des IAEA-Gouverneursrats, der ersten nach dem Ausstieg von US-Präsident Donald Trump aus dem Nuklearabkommen. Stunden später jedoch standen die Zeichen in Wien wieder auf Konfrontation.

Er habe die versammelten IAEA-Wächter per Brief informiert, sein Land werde wieder mit der Produktion von Zentrifugen zur Urananreicherung beginnen, erklärte der iranische Atomchef und Vizepräsident Ali Akbar Salehi am Dienstag in Teheran. „Wenn es die Umstände erlauben, können wir vielleicht schon Mittwochnacht in Natanz bekannt geben, dass wir ein Zentrum zur Herstellung neuer Zentrifugen eröffnen“, kündigte Salehi nach Angaben der Nachrichtenagentur Fars an.

Gleichzeitig bekräftigte er, dieser Schritt verletzte nicht den 2015 in Wien mit den fünf UN-Vetomächten plus Deutschland unterzeichneten „Gemeinsamen Aktionsplan“ (JCPOA). Denn nach dem Vertragstext ist dem Iran die Fertigung solcher Bauteile nicht untersagt. Betreiben jedoch darf er bis 2025 lediglich 5060 Zentrifugen und diese nicht durch wesentlich effizientere Aggregate ersetzen.

Deutliche Anweisung von Khamenei

Die Internationale Atomenergiebehörde bestätigte am Dienstag auf Anfrage, am Montag einen Brief vom Iran erhalten zu haben. Darin sei sie darüber informiert worden, dass es einen „vorläufigen Zeitplan“ gebe, um mit der Produktion von Uranhexafluorid (UF6) zu beginnen, das bei der Uran-Anreicherung eingesetzt wird.

Die IAEA–Inspektoren hatten Teheran bisher stets bescheinigt, das Abkommen einzuhalten. Doch das könnte sich ändern. Deutlich präziser noch als Salehi äußerte sich Irans Oberster Revolutionsführer Ali Khamenei, der in allen strategischen Belangen seines Landes das letzte Wort hat. Er wies die iranische Atombehörde am Montag ausdrücklich an, eine Zentrifugenkapazität von 190.000 SWU pro Jahr vorzubereiten, ohne allerdings ein konkretes Datum zu nennen. SWU ist eine Maßeinheit für die Leistungsfähigkeit von Uranzentrifugen, deren erste und zweite Generation sich um den Faktor drei bis fünf unterscheiden. Nach Schätzung von Experten besaß der Iran 2015 beim Abschluss des Atomabkommens eine Kapazität von 42.000 SWU pro Jahr, die durch den Vertrag für die kommenden zehn Jahre auf etwa 15.000 SWU begrenzt wurden. Im Teheraner Ratifizierungsgesetz des Atomvertrags aber steht, sollten die Sanktionen wieder in Kraft gesetzt werden, behalte sich die Islamische Republik das Recht vor, die Gesamtkapazität innerhalb von zwei Jahren auf 190.000 SWU auszubauen, was faktisch einer unbegrenzten Urananreicherung gleichkäme.

Verbale Eskalation

Und so eskaliert der Krieg der Worte zwischen Iran und Israel, dessen Premierminister Benjamin Netanjahu nach seiner Visite in Berlin am Dienstag nach Paris reiste und am Mittwoch in London eintrifft. Die Ankündigung Teherans gegenüber der IAEA bezeichnete Netanjahu als Beweis, das die Islamische Republik die Atombombe anstrebe. „Das werden wir nicht zulassen“, sagte er in einer Videobotschaft. Geheimdienstminister Israel Katz drohte dem Iran unverblümt mit einem Angriff. Wenn die Führung in Teheran ihr Programm zur Entwicklung von Atomwaffen wieder aufnehme, werde „eine internationale Koalition unter US-Führung den Iran vorwarnen und dann militärisch angreifen“.

Zwei Tage zuvor hatte Irans Oberster Revolutionsführer Israel erneut denunziert als „bösartiges Krebsgeschwür in der westasiatischen Region, das entfernt und vernichtet gehört“. Das sei möglich und das werde geschehen, twitterte Ali Khamenei. Den Europäern hielt er vor, sie seien Träumer, wenn sie glaubten, Iran werde gleichzeitig sein Atomprogramm einschränken und neue Sanktionen akzeptieren. In Asien und Indien sind derweil bereits US-Emissäre unterwegs, um für einen erneuten Boykott iranischen Erdöls zu werben.

Gleichzeitig ziehen sich immer mehr westliche Firmen aus dem Irangeschäft zurück. Am Montag kündigte der französische Autokonzern PSA an, der die Marken Citroen, Peugeot, Opel und Vauxhall produziert, er werde bis August sein Joint Venture im Iran beenden. Das Gleiche wird demnächst wohl auch der Energiegigant Total tun, der für 4,5 Milliarden Euro ein Gasfeld in Persien erschließen sollte.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.06.2018)

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