Das Dach ist ein Kraftwerk

Dach Kraftwerk
Dach Kraftwerk(c) AP (Winfried Rothermel)
  • Drucken

Dächer werden zu Energielieferanten, die Formen wieder geneigt, die Farben dunkler.

Energie soll in Zukunft auch von ganz oben kommen: vom Dach. Dessen Funktion liegt ja nicht nur im Schutz vor den Elementen und in der Dämmung – Experten sehen gerade dort große, oft noch brachliegende Potenziale zur Gewinnung von Strom und Wärme: „Die Dachhaut wird zum Energielieferanten der Zukunft. Wir werden Dachziegel, Dachsteine, aber auch Dachfolien bekommen, die so einfach und kostengünstig wie herkömmliche Materialien zu verlegen sind, aber effektiven Fotovoltaikstrom liefern“, prophezeit Werner Linhart, gerichtlich zertifizierter Sachverständiger, Spengler und Dachdecker.

Höhere Energieeffizienz beginnt bereits mit der Dachform: „Wozu Sonnenkollektoren auf flache Dächer stellen, wenn sich mit einer geneigten Dachfläche gleich die Voraussetzung für Sonnenkollektoren bietet?“, erklärt Linhart den Vorteil eines Steildaches. „Lange bewegte sich die Architektur sehr stark weg vom geneigten hin zum flachen, einfachen Dach. Noch immer werden flache Dächer mit Abdichtungen, ohne jeden Vorsprung und mit geraden Kanten geplant. Allerdings ist diese Mode schon deutlich im Rückzug.“

Steildach wird bevorzugt

Diese Feststellung deckt sich mit Forschungsergebnissen: Eine Studie des deutschen Dachzentrums sah bereits 2006 voraus, dass das Flachdach die Steilvariante auch künftig nicht überholen würde. 64 Prozent der Bauherren und 80 Prozent der Architekten bevorzugten doch Formen wie das Satteldach. Begründet wurde diese Vorliebe mit Bebauungsplänen und Langlebigkeit, aber auch mit ansprechenderer Optik und besserem Wasserabfluss. „Das Steildach behält schon deshalb seine Berechtigung, weil viele Menschen das Dachgeschoß ausbauen wollen“, bestätigt Wolfgang Oeckmayer, Marketing- und Innendienstleiter bei Roto Dach- und Solarenergie. Auf der Energiesparmesse Wels erhielt das Unternehmen den Energie-Genie-Innovationspreis des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft sowie des Landes Oberösterreich.

Das ausgezeichnete Produkt ist ein Dachfenster mit einer dreifachen Sicherheits- und Wärmedämmisolierverglasung und einem Ug-Wert von 0,5 W/m2K. Zur Erklärung: Der Ug-Wert misst den Wärmedurchgangskoeffizienten, er ist der Nachfolger des k-Wertes. Je höher dieser Wert ist, umso schlechter sind die Dämmeigenschaften. Relevant wird das vor allem dann, wenn man sich im „Juchhe“ einrichtet. „Die Menschen streben nach Freiraum und Licht; da spielt das ehemalige Ausstiegsfenster gleich eine ganz andere Rolle“, sagt Oeckmayer.

Wirksam schon bei diffusem Licht

Auch Dach- und Fassadensysteme aus Aluminium bieten Möglichkeiten. Prefa etwa hat eine integrative Fotovoltaik-(PV)-Lösung für Aluminium-Stehfalzdächer auf den Markt gebracht. Diese PV-Flächen passen sich der Kontur des Daches an, so bleibt das Erscheinungsbild erhalten. „Diese gebäudeintegrierte Voltaik erzeugt schon bei diffusem Licht Strom und bringt bis zu 30 Prozent mehr Ertrag als konventionelle Solarmodule“, erklärt Hermann Pengg-Bührlen, Leiter von Prefa Solar.

Der Dachziegel hat ebenfalls einiges Energiesparpotenzial in sich, wie das Solarsystem von Tondach Gleinstätten exemplarisch zeigt. Das Unternehmen bietet nicht nur die Dacheindeckung aus Ton, sondern auch gleich eine Solaranlage dazu an. „Gut funktionierende Dächer verringern Energiekosten, Dächern mit Solarsystemen kommt aus thermisch-energetischen Gesichtspunkten eine hohe Bedeutung zu. Bei einem durchschnittlichen Einfamilienhaus kann man davon ausgehen, dass die Energiekosten beispielsweise nach einer Dachsanierung jährlich um bis zu zehn Prozent sinken können“, erklärt Marketingleiterin Sabine Linner.

Bei aller Klima- und Kostenvernunft spielt die Optik eines Daches bei Bauherren wie Architekten eine zentrale Rolle. Einen Trend zu dunkleren Farbtönen beobachtet man bei Tondach Gleinstätten: „Sie lassen etwa bei Neubauten die farbliche Gestaltung der Fassade offen, weil sie mit beinahe allen Farbtönen harmonieren.“ Kulturelle Unterschiede bemerkt Linhart: „Schwarz glänzende, glasierte Dachziegel werden, zumindest bei uns, fast ausschließlich von Einwanderern aus Südosteuropa gekauft.“ Und überdies sagt ein Dach auch etwas über die Bewohner aus, wie Linner bestätigt: „Kleinformatige, kantige, dunkle Dachziegel wirken unauffällig, elegant. Sie können eher einem etablierten und modernen Lebensstil zugeordnet werden.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.03.2010)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.