„Dem Staat fehlen noch mindestens acht Milliarden Euro im Jahr“

(c) Die Presse (Michaela Bruckberger)
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Management-Club-Chef Paierl: Regierung hat sich bei Budgetsanierung verrechnet.

Wien. Die Regierung ist bei ihrem Plan, das Budget zu sanieren, bei Weitem nicht ehrgeizig genug. Statt sechs Milliarden Euro in den nächsten zwei Jahren werde es mindestens acht Milliarden Euro mehr für den Staatshaushalt brauchen – und zwar jährlich, nicht in den Jahren 2011 und 2012 zusammengenommen. Das betont im Gespräch mit der „Presse“ der Präsident des Management Clubs, Herbert Paierl. Seiner Rechnung zufolge liegt die Regierung mit ihrem Vorhaben also um mindestens zehn Milliarden Euro daneben.

„Man muss jährlich acht Milliarden einsparen und Überschüsse produzieren, um auf einen 60-Prozent-Anteil vom Bruttoinlandsprodukt zu kommen“, sagt Paierl zum Plan von SPÖ und ÖVP, den Anteil der Staatsschulden am BIP rasch unter 60 Prozent zu drücken. Infolge der Finanz- und Wirtschaftskrise liegt die Quote derzeit bei mehr als 70 Prozent, mit prognostizierten 128 Prozent im Jahr 2035 – sofern es nicht zu breiten Reformen kommt. Paierl stützt sich bei seinen Berechnungen auf eine Studie des früheren Chefs des Wirtschaftsforschungsinstituts, Helmut Kramer, die dieser für den Management Club erstellt hat.

Von Plänen, wonach die Beamtengehälter und Pensionen in den nächsten zwei Jahren nicht erhöht werden sollen, ist Paierl nicht überzeugt: Es dürfe nicht bei solchen Einzelmaßnahmen bleiben, denn die brächten keine Nachhaltigkeit. Sondern es müssten zum Beispiel bei den Pensionen auch die Hacklerregelung und die Altersteilzeit abgeschafft werden, das Pensionsantrittsalter von Männern und Frauen angeglichen oder die Privilegien von Pensionisten aus Institutionen wie der Nationalbank beseitigt werden.

Steuerzahler vorm „Burn-out“

Die Zeit dränge, warnt Paierl. Immerhin müssen zum Pensionssystem acht Milliarden Euro im Jahr zugeschossen werden. Die Beamtengehälter seien nicht einmal zur Hälfte durch Staatseinnahmen gedeckt, den Großteil trägt der Steuerzahler.

Dieser könne kaum noch stärker belastet werden, glaubt Paierl. Der Mittelstand, der eine Minderheit ausmacht, leistet schon 80 Prozent der Steuern. „Er ist nahe am Steuer-Burn-out“, warnt der steirische Ex-ÖVP-Landesrat. Die Bundesregierung plant, allein im nächsten Jahr 1,7 Milliarden Euro durch höhere Steuereinnahmen in die Staatskasse zu bringen. Dem sollen um 1,7 Milliarden Euro niedrigere Ausgaben gegenüberstehen. Details zum Budget 2011 will die Regierung aber erst im Herbst bekannt geben.

Bildungsbereich straffen

Außer bei den Pensionen oder Sozialtransfers brauche es auch im Gesundheits- oder Bildungsbereich breite Reformen, um explodierende Schulden zu vermeiden, sagt Paierl. Doppelgleisigkeiten müssten rasch abgeschafft werden, „es braucht echte Strukturreformen“. Gerade der Bildungsbereich mit seinen vielen Verwaltungsebenen sei „zwar so teuer wie sonst nirgendwo, aber bei der Effizienz und beim Output hinken wir international weit hintennach“.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13. März 2010)

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