Türkei sieht sich in Wirtschaftskrieg mit USA

Recep Tayyip Erdoğan.
Recep Tayyip Erdoğan.(c) APA/AFP/ADEM ALTAN (ADEM ALTAN)
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Die Ratingagenturen stufen die Türkei weiter herab. Die USA, sagt Präsident Erdoğan, versuchten, sein Land in die Knie zu zwingen.

Ankara. Das ohnehin bereits angespannte Verhältnis zwischen der Türkei und den USA schien sich am Samstag weiter zu verschlechtern: Der türkische Präsident, Recep Tayyip Erdoğan, warf US-Präsident Donald Trump öffentlich vor, die Türkei wirtschaftlich in die Knie zwingen zu wollen. „Einige Leute versuchen uns, mithilfe der Wirtschaft zu bedrohen, durch Zinsen, Devisenkurse, Inflation und Anlagen“, sagte Erdoğan bei einer Parteiveranstaltung. Und weiter: „Wir durchschauen das Spiel, und wir werden uns dagegen wehren.“

Der Druck auf die finanziell und wirtschaftlich angeschlagene Türkei ist in den vergangenen Tagen deutlich gewachsen. Nach dem massiven Kursverfall der Landeswährung Lira stuften auch noch große Ratingagenturen die Kreditwürdigkeit des Landes weiter herab. Standard & Poor's setzte das Rating von BB– auf B+ zurück. Damit gelten Anleihen der Türkei als „Ramsch“ – also als Finanztitel, bei denen nicht gewährleistet ist, dass man sein Geld zurückbekommt. Auch Moody's hat sein Rating um eine Stufe zurückgenommen. Seit Jahresbeginn hat die Türkische Lira rund 40 Prozent zum Dollar verloren und ist zuletzt auf ein Rekordtief gefallen. Die Krise ausgelöst haben Sorgen von Investoren über den wachsenden Einfluss von Erdoğan auf die Wirtschaft und die Geldpolitik. Doch erst die diplomatische Krise mit den USA brachte das Fass zum Überlaufen.

Trump bleibt hart. Es ist der Fall des amerikanischen Pastors Andrew Brunson, der die Beziehungen beider Länder schwer belastet. Der Amerikaner befindet sich in der Türkei in Hausarrest. Die türkische Justiz wirft ihm unter anderem Spionage und Terrorverbindungen vor. Es drohen bis zu 35 Jahre Gefängnis. Trump wirft der Türkei vor, den Pastor wegen erfundener Vorwürfe festzuhalten, und verlangt dessen Freilassung.

Als Druckmittel haben die USA Sanktionen gegen zwei türkische Minister verhängt und die Strafzölle auf Stahl- und Aluminium-Importe aus der Türkei verdoppelt. Zuletzt sagte Trump, er wolle hart bleiben, und drohte bereits mit weiteren Sanktionen. Das machte sich in der Türkei bemerkbar. Die Lira verlor daraufhin stark an Wert.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.08.2018)

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