Die Bundesregierung sei "grundsätzlich gesprächsbereit", betonte Finanzminister Löger (ÖVP) erneut. Allerdings wünsche er sich eine gemeinsame Linie der Länder.
Finanzminister Hartwig Löger (ÖVP) hat am Montag zur wiederaufgeflammten Debatte um eine Steuerautonomie für die Länder erneut betont, dass die Bundesregierung "grundsätzlich gesprächsbereit" sei. Allerdings richtete er den Landeshauptleuten auch aus, dass es "ein erster wichtiger Beitrag" zur Diskussion wäre, "wenn die Länder in dieser Sache mit einer Stimme sprechen und einen gemeinsamen Standpunkt einnehmen". Bislang äußerten sich einige ÖVP-Landeshauptleute positiv zu dem Thema; Skepsis gab es aus den SPÖ-regierten Ländern sowie vonseiten des steirischen Landeshauptmanns Hermann Schützenhöfer (ÖVP). Von der Wiener Stadtregierung hatte es geheißen, man warte auf konkrete Ansagen.
Die Steuerautonomie sei bereits beim letzten Finanzausgleich ein großes Thema gewesen und "eine Weiterentwicklung dessen werden wir im Rahmen der nächsten Finanzausgleichsverhandlungen diskutieren", sagte Löger in einer schriftlichen Stellungnahme zu.
Für den Koalitionspartner im Bund hat am Montag der stellvertretende FPÖ-Bundesparteiobmann und oberösterreichische Landesparteichef Landeshauptmann-Stellvertreter Manfred Haimbuchner die positive Haltung seiner Partei zu einer Steuerautonomie der Länder unterstrichen: "Die FPÖ hat bisher immer klar gesagt: Die Bundesländer sollen die Steuern, die sie zur Finanzierung der ihnen übertragenen Aufgaben benötigen, auch selbst einnehmen." Dadurch würden der Wettbewerb und das Verantwortungsbewusstsein im Umgang mit Steuergeld gestärkt. Das Industriebundesland Oberösterreich "würde von solch einer Reform mit Sicherheit profitieren", meinte Haimbuchner in einer Presseaussendung. Allerdings dürfe es keinesfalls zu einer Erhöhung der Abgabenquote kommen.
Experte: Steuerautonomie wäre "Großprojekt"
Eine Steuerautonomie für die Länder wäre ein "Großprojekt" im Föderalismus und müsste von einer gleichzeitigen Neuordnung der Kompetenzen begleitet werden, sagte unterdessen Hans Pitlik, Wifo-Experte für Fiskalischen Föderalismus, am Montag. Für einen Länderspielraum anbieten würde sich aus Sicht des Experten vor allem die Lohn- und Einkommenssteuer. Die Nachteile seien umstritten.
Hinter einer Steuerautonomie für die Bundesländer steht die Idee eines Steuerwettbewerbs - dieser soll dazu führen, dass Länder oder Gemeinden einen Anreiz haben, effizienter zu arbeiten, erklärte Pitlik. Momentan könne ein Landeshauptmann, der für eine effiziente Verwaltung sorgt, die Effizienzgewinne nicht in Form von Steuersenkungen an seine Bürger und Unternehmen weitergeben. Es fehle derzeit der Druck, die Ausgaben einzuschränken. Ist man für die Beschaffung selbst zuständig, geht man mit dem Geld auch verantwortungsvoller um, so der Gedanke.
Die Nachteile einer Steuerautonomie seien auch unter Experten umstritten, meinte Pitlik. Manche befürchten, dass es zu einem "Steuersenkungswettlauf" kommen könnte, um Steuerzahler anzulocken - wobei ein gewisser Druck ja eben auch Sinn der Sache sei. Dass scheinbar nicht so attraktive Gebiete benachteiligt sein könnten, ist für Pitlik auch keine ausgemachte Sache: Solche Gebiete könnten durch eine Steuersenkung eben auch attraktiv werden und damit profitieren. Zum Argument, dass die öffentliche Infrastruktur vernachlässigt werden könnte, sagte Pitlik mit Verweis auf die Schweiz. Dort haben Kantone und Gemeinden sehr viel steuerliche Autonomie, "ein Zusammenbruch des Wohlfahrtsstaates wegen des Steuerwettbewerbs ist dort nicht zu beobachten".
Zur Frage, welche Steuern sich überhaupt eignen würden, gebe es unterschiedliche Optionen. Das Wifo präferiere eine nicht ganz eigenständige Steuer, sondern ein Zuschlagsrecht auf die Lohn- und Einkommenssteuer, erklärte Pitlik. Der Bund würde in diesem Modell einen Sockel vorgeben, auf den die Länder einen unterschiedlich hohen Zuschlag erheben könnten, um ihre Ausgaben zu decken.
"Weniger überzeugend" sind für den Wifo-Experten Gewinnsteuern, speziell die Körperschaftssteuer, da hier beispielsweise die Frage der Gewinnverlagerungen auftauche, wie sie international schon gängig sind. Die motorbezogene Versicherungssteuer sei wiederum fiskalisch nicht so bedeutend. Nicht geeignet für eine Steuerautonomie sind laut Pitlik Verbrauchssteuern.
Die Umsetzung einer Steuerautonomie für die Länder ginge jedenfalls "nicht von heute auf morgen". Wenn die Politik dieses "Großprojekt" angehe, müsse man auch gleichzeitig eine Aufgabenentflechtung und Neuordnung der Kompetenzen "richtig angehen", denn "das sind zwei Seiten einer Medaille", meinte Pitlik.
(APA)