Steuerautonomie: „Länder sollen sich vor dem Wähler verantworten“

Auch Bernard Felderer, Präsident des Fiskalrats, spricht sich für mehr Steuerwettbewerb aus.
Auch Bernard Felderer, Präsident des Fiskalrats, spricht sich für mehr Steuerwettbewerb aus.(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Namhafte Ökonomen wie Bernhard Felderer und Christian Keuschnigg sprechen sich dafür aus, dass die Länder auch Steuern einheben. Der Wiener SPÖ-Finanzstadtrat Hanke ist „grundsätzlich gesprächsbereit“.

Wien. Bis dato fürchteten Landeshauptleute das Thema Steuerautonomie wie der Teufel das Weihwasser. Die österreichische Lösung hatte für sie schließlich viele Vorteile und kaum Nachteile. Auf der einen Seite spielen die Landeskaiser in der Bundespolitik kräftig mit, entscheiden sogar federführend, wer über eine Landesliste in den Nationalrat einzieht. Auf der anderen Seite müssen sie sich nicht als Steuereintreiber unbeliebt machen. Das Geld hebt der Bund ein und verteilt es via Finanzausgleich an die Länder. Dieses System wird seit langer Zeit von Ökonomen und nicht zuletzt vom Rechnungshof kritisiert. „Steuerautonomie“ lautet die Devise. Der lange verpönte Begriff wird nun sogar von den Landeschefs in Tirol, Vorarlberg, Ober- und Niederösterreich in den Mund genommen – und befürwortet.

Plötzlich können sich vor allem ÖVP-Landeshauptleute vorstellen, selbst Steuern einzuheben. Der steirische Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer (ÖVP) meinte am Montag zwar: „Ich bin da eher skeptisch.“ Fügte aber hinzu: „Die Steiermark fürchtet sich nicht vor Reformen.“

Vor zwei Jahren hatten die Steirer beim Ökonomen Christian Keuschnigg eine Analyse über die „Dezentralisierung von Staatsaufgaben“ in Auftrag geben. Keuschnigg kam zum Schluss: „Dezentralisierung von Staatsaufgaben und lokale Steuerautonomie können nicht alle Probleme lösen. Aber die Fehlentwicklungen und Beschränkungen der Finanzpolitik im Status Quo der österreichischen Finanzverfassung sind um ein Vielfaches teurer.“ Auch Bernard Felderer, Präsident des Fiskalrats, spricht sich für mehr Steuerwettbewerb aus: „Die Länder sollen sich vor dem Wähler verantworten.“

Klar gegen eine Steuerautonomie der Länder ist SPÖ-Klubobmann Andreas Schieder. Er warnt vor einem „innerösterreichischen Steuerwettbewerb“. Wolle man überall gute Schulen und öffentliche Infrastruktur, „braucht man auch österreichweit einheitliche Steuern.“
Auch der Kärntner SPÖ-Landeshauptmann Peter Kaiser hat „massive Zweifel“. Neun Länder- und ein Bundessteuersystem würden zu einer „Verwaltungs- und Bürokratieexplosion“ führen. Kaiser und der burgenländische Landeshauptmann Hans Niessl (SPÖ) wollen die österreichischen Steuerzahler dadurch entlasten, indem Konzerne wie Google, Facebook und Amazon stärker zur Kasse gebeten werden. Niessl brachte auch eine Wiedereinführung von Vermögens- und Erbschaftssteuer (ab einer Million) ins Spiel.

Im Büro des Wiener Finanzstadtrats Peter Hanke (SPÖ) gibt man sich „grundsätzlich gesprächsbereit“. Wien wäre schließlich ein Profiteur einer Steuerautonomie. Schon jetzt sei die Hauptstadt beim Finanzausgleich Nettozahler. Man müsse aber vermeiden, dass es zu einem „Steuerdumping-Wettbewerb“ zwischen den Ländern kommt. (apa/red.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.08.2018)

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