US Open: Den Countdown im Nacken

Rafael Nadal ist kein Freund kurzer Pausen. „Aber ich habe keine Zweifel, dass es mir gelingen wird“, sagt die Nummer eins.
Rafael Nadal ist kein Freund kurzer Pausen. „Aber ich habe keine Zweifel, dass es mir gelingen wird“, sagt die Nummer eins.(c) Reuters
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Vorbei mit der Warterei: In New York wird die Shot Clock eingeführt. Die Reaktionen nach den ersten Tests sind überwiegend positiv, doch der Schuss könnte nach hinten losgehen.

Wien/New York. Sobald ein Spieler bei den am Montag beginnenden US Open den Platz betritt, läuft der Countdown. Gleich neben der Anzeigetafel und sichtbar für alle Zuschauer wird herabgezählt. Erst eine Minute bis zum Münzwurf, dann jene fünf Minuten, die für das Einspielen vorgesehen sind, dann wieder eine Minute, an deren Ende das Match beginnen muss. Viel wichtiger aber: Erstmals auf Grand-Slam-Ebene gibt es eine Shot Clock zwischen den Punkten. Innerhalb von 25 Sekunden muss der nächste Ballwechsel mit der Aufschlagbewegung eingeleitet werden. Passiert das zu spät, wird verwarnt, bei wiederholter Zeitüberschreitung ein erster Aufschlag gestrichen, dann ein ganzer Punkt, dann ein ganzes Game.

Bisher war die Shot Clock dem Schiedsrichter vorbehalten, was zu unterschiedlichen Regelauslegungen führte. Topstars, die länger brauchen als 25 Sekunden – eine Zeitspanne, in der Usain Bolt im Aufwärmtempo 200 m zurücklegt –, sind oft davongekommen. „Eines der Hauptargumente für die Shot Clock ist die Einheitlichkeit“, erklärt Gayle Bradshaw, bei der ATP fürs Reglement zuständig. Und natürlich kürzere Matches, Stichwort TV.

Nadal: „Halte mich an Regeln“

Dass Pausen zwischen zwei Ballwechseln gern doppelt so lang dauern wie erlaubt, ist bei Spielern wie Rafael Nadal keine Seltenheit. Der Weltranglistenerste hat ein komplexes Ritual abzuspulen (Gang zum Handtuch, Zupferei an der Kleidung, Griff zu Nase und Ohren), ehe es weitergehen kann. „Ich halte mich an die Regeln. Ich muss mich an die Neuerung gewöhnen, aber ich habe keine Zweifel, dass es mir gelingen wird“, meinte Nadal, der vor zwei Wochen in Toronto, wo die Shot Clock bereits getestet wurde, triumphiert hatte. Ein Gedanke beschäftigt den Spanier aber: Die größten Partien der Tennisgeschichte hätten alle vier oder fünf Stunden gedauert. In diesen Matches brauche es Pausen. „Du kannst nicht lange Ballwechsel und emotionale Punkte nacheinander mit nur 25 Sekunden Pause dazwischen spielen.“

Noch aber verfügt der Schiedsrichter über einen gewissen Spielraum. Der Countdown beginnt mit seiner Ansage des Spielstands. Nach langen, spektakulären Punkten und lautstarkem Jubel des Publikums kann es schon einige Sekunden dauern, bis jener erfolgt.

Bei den Spielern überwiegt ohnehin das positive Feedback. Novak Djoković, selbst für extensives Ballprellen vor dem Aufschlag bekannt, störte sich als Mitglied des Spielerrats einzig daran, dass die Profis in die Entscheidung nicht eingebunden wurden. Andy Murray bezeichnete es gar als „dumm“, dass man auf dem Platz bisher keine Uhr zur Verfügung hatte, sehr wohl aber verwarnt werden konnte. „Von den Spielern wurde erwartet, im Kopf bis 25 zu zählen – wie solltest du wissen, wie lang du wirklich brauchst?“ John Isner, der überdurchschnittlich viele Verwarnungen wegen Zeitüberschreitens kassiert, findet die Shot Clock hilfreich. „Sie gibt dir Kontrolle. Wenn du weißt, dass du noch 15, 16 Sekunden übrig hast, kannst du dir Zeit lassen“, erklärte der US-Amerikaner.

Tatsächlich könnte der Schuss nun aber nach hinten losgehen. Beim 500er-Turnier in Washington, wo viele Spieler zum ersten Mal mit der Shot Clock konfrontiert waren, betrug die Pause zwischen zwei Punkten im Schnitt 18 Sekunden und damit genau so lang wie im Vorjahr. Viele Spieler tendierten dazu, ihren sonst schnelleren Rhythmus den maximal möglichen 25 Sekunden anzupassen, geschuldet auch den hohen Temperaturen heuer in Washington. „Es könnte das Spiel auch verlangsamen“, meinte ATP-Regelhüter Bradshaw. „Die Spieler können die Uhr zu ihrem Vorteil nutzen.“

Schnellspieler wie Roger Federer sind nicht gefährdet. Der Schweizer benötigt meist weniger als zehn Sekunden bis zum nächsten Aufschlag. Nick Kyrgios schlug in Cincinnati in nur 37 Sekunden zwei Asse und zwei Servicewinner. Er sagt: „Ein schnelles Spiel ist ein gutes Spiel. Ich muss zwischen den Punkten nicht nachdenken. Ich weiß, was ich vorhabe.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.08.2018)

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