Eine Weltstadt im Tennisfieber

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Symbolbild. (c) REUTERS (Adam Hunger)
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Zum 50. Jubiläum erfinden sich die US Open neu, das letzte Grand-Slam-Turnier des Jahres will alle Rekorde brechen. New York fiebert mit, die Tennisbegeisterung in der Metropole ist greifbar wie nie.

Das Turnier geht weit außerhalb des Stadtkerns in Queens über die Bühne und doch sind in Manhattan die US Open allgegenwärtig. Für die Auslosung wurde eigens eine eigene kleine Tennisstadt mit einem Showcourt direkt neben dem neu errichteten World Trade Center eingerichtet. Mehrere tausend Tennisfans haben sich versammelt. Es spielt keine Rolle, dass die Augustsonne den Brookfield Place auf 40 Grad Celsius aufgewärmt hat und dass eigentlich gar nicht ausgelost wird, sondern der Raster bloß auf eine Leinwand projiziert wird. Schließlich haben sich die Vorjahressieger angemeldet, und für ein Foto mit Sloane Stephens oder Rafael Nadal nehmen die Fans viel in Kauf. „Rafa!“ ruft ein Bub von den Schultern seines Vaters. Die Nummer eins der Tenniswelt fordert die Bodyguards zum Anhalten auf, posiert neben dem Vater für ein Foto und schüttelt dem Kleinen die Hand.

Die Millionenmetropole New York liegt im Tennisfieber, so wie eigentlich jedes Jahr Ende August, wenn die US Open beginnen. Dieses Mal allerdings ist die Begeisterung noch greifbarer. Das Turnier findet zum 50. Mal statt, und weil die Amerikaner Rekorde nun einmal lieben, sollen heuer gleich mehrere gebrochen werden: Das höchste Preisgeld, die meisten Zuschauer, die größten Einnahmen. Rekord, Rekord, Rekord. Seinen Ursprung nahm die Rekordjagd in den Jahren 2008 bis 2012. Stets musste das Finale der Herren auf Montag verschoben werden, dem Regen war es zu verdanken. Wimbledon bekam sein Dach über den Centre-Court 2009, die Australian Open prahlten sowieso schon lang mit ihren modernen Dächern. Bloß in New York mussten die Balljungen und -mädchen mit Handtüchern den Platz trocken schrubben, musste das große Herrenfinale vor halb leeren Tribünen an einem Arbeitstag stattfinden.

Mit Schaudern erinnerten sich die Veranstalter an 2011, als noch dazu das zweitgrößte Stadium, die Louis Armstrong Arena, Löcher bekam, und der Schlager zwischen Andy Roddick und David Ferrer auf einen kleinen Nebenplatz verlegt werden musste. „Was machen wir hier eigentlich“, brüllte Roddick den Oberschiedsrichter an. Die Mikrofone der Fernsehsender nahmen es auf, und eine ganze Tennisnation gab dem Publikumsliebling recht.

2016 wurde schließlich das Dach des weltgrößten Tennisstadions, dem 23.000 Zuseher fassenden Arthur Ashe Courts, eingeweiht, stolz konnten die Organisatoren nun versichern, dass kein Finale mehr am Montag stattfinden soll. Und schließlich wurde auch Louis Armstrong renoviert und überdacht. Diese Woche wurde der Platz feierlich eröffnet, exakt 14.069 Zuseher finden darin Platz. Einem neuen Besucherrekord sollte also nichts im Wege stehen, erstmals werden heuer auch zwei „Night Sessions“ stattfinden können. Tickets werden doppelt verkauft, da lacht das Herz der Veranstalter. Die bislang meisten Zuseher bei einem Grand-Slam-Turnier verzeichneten heuer im Jänner die Australian Open mit knapp 745.000.


Versammlung der Stars. Im Gegensatz zum Vorjahr sind in New York endlich wieder alle Superstars an einem Ort versammelt. 2017 fehlte mit der frisch gebackenen Mutter Serena Williams die beste Tennisspielerin aller Zeiten. Bei den Herren wiederum zog Andy Murray nach der Auslosung zurück, Novak Djoković und Stan Wawrinka traten die Reise nach New York verletzungsbedingt nicht an. Heuer sind sie alle da. Williams zählt bei den Frauen zu den Mitfavoriten, Djoković ist bei den Männern neben Nadal und Roger Federer der absolute Topfavorit. Wawrinka zeigte zuletzt in Cincinnati mit dem Viertelfinaleinzug erstmals seit Langem wieder auf. Auch Dominic Thiem ist rechtzeitig fit geworden und in Flushing Meadows als Nummer neun gesetzt. Kommt er ins Achtelfinale, droht ihm ein Duell mit dem Vorjahresfinalisten Kevin Anderson, im Viertelfinale würde möglicherweise Nadal warten.

Für Aufsehen wird in New York nicht nur das neu überdachte Louis Armstrong Stadium sorgen. Auch außerhalb der Anlage, an den vielen öffentlichen Tennisplätzen der Stadt, herrscht seit Wochen Aufregung. Für 100 Dollar pro Jahr kann hier jeder regelmäßig selbst spielen. Und während der US Open kommt es durchaus vor, dass man sich plötzlich neben einem der Weltbesten findet. Denn nicht alle Stars wollen zum Training den rund einstündigen Trip von Manhattan nach Flushing Meadows auf sich nehmen.

Vor allem bei der Anlage inmitten des Central Parks liegen seit Wochen die Nerven blank. Schließlich tauchte 2017 plötzlich Roger Federer auf und schlug sich eine knappe Stunde inmitten der Amateure ein. Wird der Schweizer auch heuer vorbeikommen? Thiem wiederum fährt zum Training ebenfalls nicht immer nach Flushing Meadows. Er übt regelmäßig im Tenniscenter von John McEnroe auf Randall's Island, einer kleinen Insel an der Ostseite Manhattans.

Wenn das zweiwöchige Tennisfest am Montag beginnt, wird erstmals bei einem Grand-Slam-Turnier die sogenannte Shot Clock zum Einsatz kommen. Sie zählt zwischen den Ballwechseln 25 Sekunden herunter, nicht alle sind begeistert. Dafür dürfen sich die Stars heuer über 53 Millionen Dollar Preisgeld freuen, 3,8 Millionen Dollar warten auf die Sieger im Einzelbewerb. Beides ein Rekord. Natürlich.

ÖTV-Profis

Dennis Novak
steht nach einem 7:5,6:4-Sieg über den Italiener Lorenzo Giustino als zweiter Österreicher im Hauptbewerb der US Open. In diesem trifft der Niederösterreicher (ATP 140) in Runde eins an seinem 25. Geburtstag am Dienstag auf den Franzosen Benoît Paire (ATP 55). Im Fall des Aufstiegs könnte ein Duell mit Superstar Roger Federer warten.

Dominic Thiem
ist als Nummer neun fix gesetzt und bestreitet seine Auftaktpartie gegen den Bosnier Mirza Bašić am Montag (4. Match nach 17 Uhr).

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.08.2018)

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