Jobschere: Hochbezahlte Spezialisten versus neue Klasse von "Tagelöhnern"

180910 CHENGDU Sept 10 2018 An exhibitor shows a remote control system of unmanned aeria
180910 CHENGDU Sept 10 2018 An exhibitor shows a remote control system of unmanned aeriaimago/Xinhua
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Forscher errechneten, dass bis 2022 etwa 75 Millionen Arbeitsplätze weltweit wegfallen, dafür aber 133 Millionen neue entstehen werden. Der digitale Wandel führe zu einer Aufsplittung der Arbeitnehmer.

Schon in wenigen Jahren werden Maschinen laut einer Prognose des Weltwirtschaftsforums (WEF) mehr Arbeit erledigen als Menschen. Durch diesen Wandel sollen aber insgesamt mehr Arbeitsplätze entstehen als wegfallen, wie es in einer am Montag veröffentlichten Studie des WEF heißt. Demnach erledigen Menschen derzeit noch 71 Prozent der Arbeit und Maschinen nur 29 Prozent. Bis 2025 soll der Anteil der Maschinen auf mehr als die Hälfte anwachsen.

Für die Studie befragten die Wirtschaftswissenschaftler Führungskräfte von 300 weltweit tätigen Unternehmen zum technischen Wandel. Aus deren Angaben errechneten die Forscher, dass weltweit bis 2022 rund 75 Millionen Arbeitsplätze wegfallen werden - im Gegenzug aber 133 Millionen neue entstehen. Die Hälfte der Unternehmenslenker erwartet, dass sie bis 2022 weniger Menschen beschäftigen wird. 40 Prozent der Chefs wollen hingegen mehr Leute einstellen.

Routine-Jobs fallen weg

Zu den Schreibtisch-Berufen, die künftig stärker gefragt sind, gehören laut WEF Datenanalysten und Software-Entwickler sowie Experten für Onlinehandel und Soziale Medien. Auch Jobs, bei denen der Kontakt von Mensch zu Mensch wichtig ist, werden weiterhin gefragt sein. Dazu gehören etwa Vertriebsmitarbeiter, Marketing und Kundendienst. Wegfallen könnten hingegen Routine-Jobs in der Buchhaltung und Personalabteilung.

Durch den technischen Wandel verändern sich die Anforderungen an die Arbeitnehmer. Laut Umfrage müssten sich mehr als die Hälfte der Angestellten fortbilden. Allerdings plant die Hälfte der Unternehmen, nur Mitarbeiter in Schlüsselpositionen weiterzubilden, während nur 30 Prozent der Unternehmen alle von Jobverlust bedrohten Arbeitnehmer für die neuen Anforderungen qualifizieren wollen.

Der Gründer des Weltwirtschaftsforums, Klaus Schwab, forderte von den Unternehmen ein stärkeres Engagement bei der Weiterbildung ihrer Mitarbeiter. Doch diese sollten sich auch selbstständig fortbilden. Der Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB), Reiner Hoffmann, warnte vor einem zu schnellen Wandel der Arbeitswelt: "Die Folgen werden nur von den Menschen akzeptiert und toleriert werden, ob als Beschäftigte oder Verbraucher, wenn die Technologie ihnen dient und nicht sie ihr", sagte er der "Welt".

Aufsplittung unter den Arbeitnehmern

In einem am Montag vorgestellten Buch fordern der Präsident des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW), Achim Wambach, und der "Handelsblatt"-Redakteur Christian Müller weitere Maßnahmen vom Staat, um den Wandel in der Arbeitswelt zu begleiten. Demnach wird der digitale Wandel zu einer weiteren Aufsplittung der Arbeitnehmerschaft führen.

Auf der einen Seite werde es hochbezahlte festangestellte Spezialisten geben, auf der anderen Seite eine neue Klasse von "Tagelöhnern". Diese erledigten kleine Aufgaben, die Unternehmen auf Internetplattformen ausschreiben. Die Autoren fordern deshalb, Mindestbeiträge für Selbstständige in der Kranken- und Pflegeversicherung abzuschaffen. Außerdem sollten Universitäten, Berufs- und Fachhochschulen verstärkt in der Weiterbildung aktiv werden. Schließlich fordern die Autoren einen Steuerrabatt für forschende Unternehmen, um die Wettbewerbsfähigkeit der Firmen zu sichern.

(APA/AFP)

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