Donald Trumps Höchstrichter im Zwielicht

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Eine Professorin beschuldigt Brett Kavanaugh, sie vor mehr als 30 Jahren sexuell genötigt zu haben. Nun wackelt die Bestellung des Advokaten zum Supreme Court, die der Präsident vor der Kongresswahl durchpeitschen wollte.

New York. Die Nominierung Brett Kavanaughs war heftig umstritten. Im Juli bestellte Donald Trump den Juristen zum künftigen Höchstrichter. Der Präsident hoffte, dass ihn der Senat noch vor den Wahlen im November bestätigen würde, weil die Republikaner in der Kammer die nötige Mehrheit halten. Die Demokraten zeigten sich über die Auswahl des konservativen Advokaten erbost. Schließlich würde sich mit Kavanaugh im neunköpfigen Supreme Court eine solide Mehrheit rechts der Mitte ergeben.

Nun wackelt die Bestätigung des Höchstrichters. Eine kalifornische Psychologie-Professorin, Christine Blasey Ford, beschuldigt Kavanaugh, sie vor mehr als 30 Jahren bei einer Party sexuell genötigt zu haben. Der damalige Teenager habe sie auf ein Bett gedrückt, ihr den Mund zugehalten und versucht, ihr die Kleider vom Leib zu reißen. Sie habe sich letztlich befreien können und die Flucht ergriffen. Nun wandte sich Ford zunächst vertraulich an die demokratische Senatorin Dianne Feinstein, ehe sie sich doch entschied, die Vorwürfe unter ihrem Namen publik zu machen.

Die Causa ist brisant und bringt die Republikaner in die Zwickmühle. Auf der einen Seite geben sie zu bedenken, dass Ford eingetragene Demokratin ist und es nach mehr als drei Jahrzehnten nahezu unmöglich ist, die Missbrauchsvorwürfe zu beweisen oder auch zu widerlegen. Mehrere Kommentatoren des konservativen Senders Fox News orten eine Verschwörung, um die Bestellung Kavanaughs zu verhindern.

Doch was, wenn die Vorwürfe stimmen? Laut Fords Anwältin habe sich die Professorin einem Lügendetektor gestellt, mit dem Ergebnis, dass sie die Wahrheit sagt. Schon jetzt ist klar, dass sich die Abstimmung im Senat zumindest verzögern wird. Bevor Kavanaugh sein Amt antreten kann, muss der Rechtsausschuss mit einfacher Mehrheit eine Abstimmung in der Kammer einleiten. Im Anschluss braucht Kavanaugh auch im Senat selbst eine einfache Mehrheit.

Im Rechtsausschuss sitzen 21 Mitglieder, davon elf Konservative. Einer von ihnen, Jeff Flake aus Arizona, hat bereits angekündigt, abwarten und Fords Vorwürfe näher untersuchen zu wollen. Auch im Senat, wo die Republikaner ebenfalls eine hauchdünne Mehrheit von 51 zu 49 halten, haben sich mehrere Konservative skeptisch geäußert. Freilich: Noch sind sieben Wochen Zeit bis zur Wahl, und Kavanaugh bestreitet die Vorwürfe vehement. Sollten sie sich als haltlos herausstellen, könnten die Republikaner den Höchstrichter rechtzeitig bestätigen.

Der Zeitrahmen ist von großer Bedeutung, weil die Demokraten hoffen, im November die Mehrheit im Senat zu übernehmen. Dann könnten sie Kavanaugh ablehnen, und Trump bliebe womöglich nichts anderes übrig, als einen anderen Kandidaten zu finden. Abseits von der Entscheidung über Krieg oder Frieden sei die Nominierung eines Höchstrichters die wichtigste Aufgabe eines Präsidenten, sagte Trump im Juli. Die Mitglieder des Supreme Court werden auf Lebenszeit bestellt und geben oftmals die Richtung vor, in die sich die gesellschaftspolitische Debatte in den USA entwickelt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.09.2018)

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