Kursrutsch nach Lenzing-Baustopp

Lenzing-Chef Doboczky will sich nun auf Thailand konzentrieren.
Lenzing-Chef Doboczky will sich nun auf Thailand konzentrieren.(c) APA/ROLAND SCHLAGER (ROLAND SCHLAGER)
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Der oberösterreichische Zellfaserkonzern verkündete am Mittwochabend den vorübergehenden Stopp seiner US-Expansion. Am gestrigen Donnerstag begab sich die Aktie auf Talfahrt.

Wien/Lenzing. Lenzing-Chef Stefan Doboczky dürfte schon bessere Tage erlebt haben. Am Mittwochabend teilte der oberösterreichische Börsenkonzern mit, seine US-Expansion auf Eis zu legen. Die Aktie reagierte am gestrigen Donnerstag mit einem Kursrutsch und sackte zwischenzeitlich um mehr als 15 Prozent ab. Das Papier, das am Mittwoch noch bei 104,3 Euro notierte, kostete erstmals seit einem Jahr wieder 88 Euro.

Lenzing hat ein Werk in Mobile, Alabama, wo aus Holz die Spezialfaser Lyocell produziert wird. Neben das bestehende Werk sollte ein neues gebaut werden, der Aufsichtsrat hat den Startschuss im Dezember 2016 gegeben. Der US-Standort wurde dabei einem neuen Großprojekt in Österreich vorgezogen. Die Gesamtinvestitionen waren mit 275 Millionen Euro (heute 322 Mio. US-Dollar) budgetiert worden.

Aber daraus wird nun nichts – vorerst. Denn der Konzern betont, dass das Projekt nur vorübergehend gestoppt wurde und laufend evaluiert werde. Auslöser für die Entscheidung seien „die steigende Wahrscheinlichkeit höherer Handelszölle, gepaart mit einer möglichen Überschreitung der Baukosten aufgrund des boomenden US-Arbeitsmarkts“, hieß es in einer Aussendung am Mittwochabend.

Um die Nachfrage nach Lyocellfasern bestmöglich bedienen zu können, konzentriere sich Lenzing nun auf die Erweiterung der Kapazitäten in Prachin Buri, Thailand. Allerdings werde Lenzing nun neben der 25.000-Tonnen-Erweiterung in Heiligenkreuz im Burgenland in den Jahren 2019 und 2020 „keine wesentlichen zusätzlichen Lyocellfasermengen auf den Markt bringen“.

Das Werk sollte 2019 loslegen

Die Expansion bei Lyocellfasern werde sich durch die Entscheidung, das US-Projekt auf Eis zu legen, verlangsamen. Die zusätzliche Produktionskapazität war mit 90.000 Tonnen pro Jahr geplant. Das neue Werk sollte im ersten Quartal 2019 in Betrieb gehen. Für den US-Standort habe nicht nur die bereits bestehende gute Infrastruktur gesprochen. „In einem Markt, der ein reiner Dollar-Markt ist, ist es für uns als internationaler Spieler einfach wichtig, eine gute Balance zwischen verschiedenen Währungskörben zu finden. Wir haben heute einen strukturellen Euro-Überhang“, sagte Lenzing-Chef Doboczky Ende 2016.

Wichtig sei, „dass Kosten und Einnahmen gleich atmen“. Mit einer entsprechenden Balance sei es „irrelevant, ob der Dollar bei 1,05 oder 1,30 ist“. Lenzing beliefert von Alabama aus den globalen Markt. Amerika sei aber auch ein wichtiger Markt für Vliesstoffe, die zur Herstellung von Wischtüchern und Hygieneartikel verwendet werden. Lenzing mit Sitz in der gleichnamigen Gemeinde in Oberösterreich, ist der weltgrößte Produzent von Zellulosefasern. Diese finden sich in Jeans, Unterwäsche, Sportbekleidung und Putztüchern, Feuchttüchern zur Babypflege, Slipeinlagen und Netzen zur Verpackung von Obst und Gemüse.

Weniger Umsatz im Quartal

Das Hauptgeschäft der Unternehmensgruppe, die knapp 6500 Mitarbeiter beschäftigt, ist die klassische Viskose. Lenzing erwirtschaftet aber bereits jetzt 42 Prozent seines Umsatzes mit Spezialfasern wie Modal und eben dem in den USA produzierten Lyocell. Diese Spezialfasern bringen höhere Margen, ihr Anteil am Geschäft soll daher bis 2020 auf 50 Prozent steigen.

Im ersten Quartal des Geschäftsjahres sank der Umsatz des Konzerns um 6,1 Prozent auf 550,3 Mio. Euro. Das Periodenergebnis ging um 33,3 Prozent auf 50 Mio. Euro zurück. Nach einem Rekordjahr 2017 erwartet Lenzing für heuer ein Ergebnis, das unter dem der Jahre 2016 und 2017 liegt. (bin)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.09.2018)

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