Bund-Länder-Reform: „Das ist net sehr einfach“

MINISTERRAT: NIESSL/ STRACHE
MINISTERRAT: NIESSL/ STRACHEAPA/HERBERT PFARRHOFER
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Mit Hans Niessl nahm auch ein Sozialdemokrat als Vertreter der Landeshauptleute am Treffen der Regierung teil. Kanzler Kurz sieht „die größte Verfassungsreform seit 1929“. Doch die großen Brocken sind noch offen.

Wien. Eine Woche später als geplant hat der Ministerrat am Mittwoch das erste Paket zur Kompetenzbereinigung beschlossen. Mit dem Vorhaben sollen Bereiche, für die Bund und Länder gemeinsam zuständig sind, auf eine Gebietskörperschaft übergehen.

Eine Einigung gibt es bei neun der zwölf geteilten Materien. Bei diesen war bisher die Grundsatzgesetzgebung beim Bund angesiedelt, die Ausführgesetzgebung und Vollziehung lagen bei den Ländern. Künftig werden entweder die Länder allein zuständig sein oder der Bund. Damit die Verfassungsreform gelingt, benötigen ÖVP und FPÖ im Parlament die Zustimmung der SPÖ, die im Bundesrat über eine Sperrminorität verfügt.

Da trifft es sich gut, dass mit Hans Niessl ein Sozialdemokrat Vorsitzender der Landeshauptleutekonferenz ist. Er trat nach dem Ministerratsbeschluss demonstrativ mit der türkis-blauen Abordnung (Kanzler Sebastian Kurz, Vizekanzler Heinz-Christian Strache und Reformminister Josef Moser) vor die Medien. Aus der SPÖ hatte es zuletzt geheißen, dass man sich im Parlament nicht gegen die Reform querlegen wolle, wenn die rot geführten Länder mitgehen.

„Klare Kompetenzen schaffen rasche Entscheidungen“, meinte Niessl. Erstmals sei hier eine „strukturelle Reform“ gelungen, lobte Strache. „Es ist die größte Verfassungsreform seit 1929 in diesem Bereich“, jubilierte Kurz.

Standards bei Jugendhilfe

Doch in den drei strittigsten Punkten gibt es noch keine Lösung. Es sind dies die Themen Mindestsicherung, Spitäler und Elektrizitätswesen. Man wolle noch im Herbst nach einer Lösung suchen, sagte Moser. Auch Niessl betonte, sich hier konstruktiv einbringen zu wollen. „Das ist net sehr einfach, aber auch hier gibt es Ansätze“, erklärte der Sozialdemokrat.

Die jetzige Einigung umfasst, dass die Länder etwa allein für die Kinder-/Jugendhilfe, für Regelungen für Kuranstalten und den Schutz der Pflanzen vor Schädlingen zuständig werden. Umgekehrt darf sich der Bund zum Beispiel exklusiv um die Erhebung von Geburtenzahlen oder den Schutz von Mitarbeitern in der Land- und Forstwirtschaft kümmern. Zudem wird der Bund allein für Gerichtsschließungen, die Länder allein für ihre Bezirksgrenzen zuständig.

Für Debatten sorgte vor allem die „Verländerung“ der Jugendhilfe. „Wir sind uns alle einig, dass wir keinen Qualitätsverlust wollen innerhalb der Jugendwohlfahrt“, sagte Niessl. Es solle österreichweite Kriterien geben. (aich/APA)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.10.2018)

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