Amanshausers Album: Kuriositätswert

Kurios. Bjørn Berge sammelt am liebsten Briefmarken verschwundener Staaten und Administrationen, die seit dem Erscheinen der „One Penny Black" ausgegeben ­worden sind.
Kurios. Bjørn Berge sammelt am liebsten Briefmarken verschwundener Staaten und Administrationen, die seit dem Erscheinen der „One Penny Black" ausgegeben ­worden sind.(c) Vijinvenu/ Wikimedia Commons [CC BY-SA 3.0]
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72 - In Österreich wurden illegal Briefmarken der Republik Maluku Selatan gedruckt.

Bjørn Berge scheint ein besonderer Mensch zu sein, einer der letzten verschrobenen Reisenden. Auch als Briefmarkensammler verhält er sich gar nicht klassisch – Risse und Schäden stören ihn kaum, und gestempelte Marken zieht er vor. Gerne leckt er an ihnen, denn „der Geschmack von zersetztem Gummiarabicum, von Pflanzenstärke und Hornleim" fasziniert ihn.

Berge will von jeder der mehr als tausend Regierungen und Verwaltungen, die seit dem Erscheinen der „One Penny Black" (England, 1. Mai 1840) je Briefmarken ausgegeben haben, ein Stück besitzen – und ergattert am liebsten solche aus Staatengebilden, Ländern und autonomen Zonen, die später verschwunden sind.

Ober-Yafi. In seinem „Atlas der verschwundenen Länder, Weltgeschichte in 50 Briefmarken" stellt er untergegangene Administrationen wie Perak (Malaysia, 1874–1895) oder Ober-Yafi (Jemen, 1800–1967) ebenso wie Helgoland (Deutschland, 1807–1890) oder die Internationale Zone von Tanger (Marokko, 1923–1956) vor. Sie alle haben einst Briefmarken ausgegeben oder überstempelt. Manche Länder existierten nur kurz, so etwa der proholländische, calvinistische Separatistenstaat „Republik Maluku Selatan" auf den Südmolukken: vom 25. April bis zum Eingreifen indonesischer Truppen am 28. September 1950. Er hatte eine Million Einwohner auf etwa 150 Inseln und elf Postämter. Die Briefmarken dieses Inselstaats waren offizielle Überdrucke mit dem Republiksnamen.

Zehntausende Südmolukker gingen ins Exil in die Niederlande, wo sie großteils unintegriert lebten und eine Exilregierung aufstellten – die es heute noch gibt. Ab den 1970er-Jahren verübten radikalisierte Molukker einige Terroranschläge in den Niederlanden. Erst durch die Integration und Verleihung der Staatsbürgerschaft konnte der molukkische Terrorismus gestoppt werden.

Den österreichischen Nachsatz erwähnt Bjørn Berge nicht: Ab 1955 ließ ein New Yorker Briefmarkenhändler in der Wiener Staatsdruckerei illegal 150 Markenmotive für die Republik Maluku Selatan drucken. Sie kamen nie in Umlauf und haben daher nur Kuriositätswert.

www.amanshauser.at

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