Wes Anderson im KHM: Der Kultregisseur im Museum

Kuratoren. Wes Anderson und Juman Malouf im KHM.
Kuratoren. Wes Anderson und Juman Malouf im KHM. KHM-Museumsverband (Georg Herder)
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Die Filme des US-amerikanischen Produzenten, Autors und Regisseurs Wes Anderson sind Kult. Nun überträgt er seine Ideen gemeinsam mit Juman Malouf ins Kunsthistorische Museum.

Nicht nur einmal wurde für die Besprechung seiner Filme das Wort "kuratiert" verwendet. Die magischen Kinowelten von Wes Anderson tragen eine unverkennbare und einzigartige Bildsprache, vielleicht waren sie der Kunst immer schon näher, als die Kunstwelt sie wahrnahm. Nun schlägt Wes Anderson ihr ein Schnippchen und eignet sich gemeinsam mit seiner Frau eine der größten Institutionen der Kunstgeschichte für seine erzählerischen Bildideen an. Im Kunsthistorischen Museum Wien verlässt er sein gewohntes Metier und denkt nun die Aufgabe "Ausstellung" ungewohnt filmisch inklusive Trailer und des filmreifen Titels "Spitzmaus Mummy in a Coffin and Other Treasures". Wesley Anderson, 1969 in Texas geboren, gelang der frühe Durchbruch im Independent-Kino bereits 1998 mit "Rushmore". Es folgten Klassiker wie "Die Royal Tenenbaums", "Die Tiefseetaucher", "Darjeeling Limited", "Moonrise Kingdom" und "Grand Budapest Hotel" sowie die Animationsfilme "Der fantastische Mr. Fox" und der 2018 erschienene "Isle of Dogs Ataris Reise".

Museumsdebüt. Viele dieser Arbeiten bestritt der Regisseur und Autor in Kooperation, wiederholt zum Beispiel mit dem Hollywood-Liebling Owen Wilson. So wundert es kaum, dass auch sein Museumsdebüt eine Zusammenarbeit mit seiner Lebenspartnerin, der Kostümbildnerin, Synchronsprecherin, Autorin und Illustratorin Juman Malouf, ist. Über die gemeinsame Begeisterung für malerisches Gestalten entstand detailbewusst und spielerisch eine märchenhafte und fantasievolle Ausstellung. Etwa 60 Personen sind in das Entstehen dieser involviert, vor allem ein eigener Architekt war essenziell, berichtet Jasper Sharp. Seit 2012 forciert der Kurator im Kunsthistorischen Museum zeitgenössische Projekte. Ed Ruscha und Edmund de Waal waren bereits als Künstler-Kuratoren zu Gast. Immer starten diese Aufträge mit langen Touren der Künstler durch die Gebäude des KHM, so, allerdings unverhofft, auch diesmal. Als Sharp 2015 spontan gebeten wurde, Freunde und deren Bekannte durch das Museum zu führen, waren Wes Anderson und Juman Malouf diese Bekannten. Sie waren sofort angetan von den Schätzen des Museums allen voran der Kunstkammer. "Leute, die selbst Objekte machen, reagieren anders auf diese", erzählt Sharp, "anders als Kuratoren und anders als bildende Künstler. Ich war fasziniert von ihren Reaktionen."

Nicht begeistert von Meisterwerken. So kam schnell der Vorschlag einer Ausstellung an die beiden, die noch nie eine solche gemacht hatten. Sie wussten genau, was sie wollten. Herausforderungen stellen sich in kleinen Unterschieden der Berufsalltage etwa im Umgang mit Originalen. Am Set ist es Anderson gewohnt, mit Requisiten und Repliken zu arbeiten. Er verwendete bereits Bilder von Klimt und Schiele in Filmen allerdings spiegelverkehrte Fälschungen. Den Gästen wurde nun Zugriff auf die 14 Sammlungsdepots des Kunsthistorischen Museums gewährt. Nur ein kleiner Teil dieser Bestände wird ausgestellt, die Idee der vielfältigen Sammelleidenschaft der Habsburger ging mit der Aufklärung verloren, seither wird in Sparten, Disziplinen, Regionen und Hierarchien Bilder gelten nun mehr als Möbel präsentiert. Theatermuseum, Hofmobiliendepot, Wagenburg et cetera. Anderson und Ma louf haben alles gesehen und schlagen mit ihrer Auswahl von 400 Objekten nun eine eigene kleine Sammlung mit neuen Ordnungssystemen vor. Wie sie diese denken und arrangieren, bleibt bis zur Eröffnung ein großes Geheimnis, man will dem Premierenabend beziehungsweise Vernissagenabend wohl nicht vorgreifen.

Bisher weiß nur Sharp mehr: "Das Wertsystem der Kunsthistoriker ist für unsere Gastkuratoren komplett uninteressant. Es geht nicht darum, was ist das Beste, Seltenste, Größte, was hat die beste Ausstellungsgeschichte und Provenienz. Wes und Juman haben eine sehr intuitive und auch humorvolle Ausstellung gewählt. Sie sind nicht begeistert von Meisterwerken." So ist das titelgebende Objekt eines, das eigentlich jeden Tag öffentlich in einer Vitrine gemeinsam mit zahlreichen anderen in einem Seitenkabinett der ägyptischen Sammlung ausgestellt ist. Nun wird die Nebenrolle zur Starbesetzung.

Tipp

So verstehen Anderson und Malouf die Welt. Sie erkennen Neues und Schönes im vermeintlich Alltäglichen. Die beiden mögen Wien und die Nostalgie Österreichs. So soll das ehemalige "Grand Hotel" in Bad Gastein als eines der Vorbilder für das "Grand Budapest Hotel" fungiert haben und in ebendiesem Film die Zuckerbäckerei "Mendl" ein Anagramm von "Demel" sein. Auch das Plakat zu "Der fantastische Mr. Fox" adaptierte ein Bild aus dem KHM. Anderson und Malouf schenken mit ihrer ersten Ausstellung dem Publikum einen neuen Blick auf das Museum, Zeit für einen Besuch und eine persönliche Suche, denn sie fragen mit ihrer Wahl der Objekte ganz bewusst auch den Besucher was würden Sie sich aussuchen? "Spitzmaus Mummy in a Coffin and Other Treasures". Wes Anderson and Juman Malouf. Es ist die erste von den beiden kuratierte Ausstellung. Zu ihr erscheint ein Katalog. 6. November 2018 bis 28. April 2019, Kunsthistorisches Museum Wien. www.khm.at

("Die Presse-Kulturmagazin", 19.10.2018)

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