Bayern: Schwarz-Orange geht an den Start

Hubert Aiwanger (Freie Wähler) und Markus Söder (CSU) stehen vor einer Einigung.
Hubert Aiwanger (Freie Wähler) und Markus Söder (CSU) stehen vor einer Einigung.APA/AFP/CHRISTOF STACHE
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CSU und Freie Wähler wollen am Sonntag ihre Koalition besiegeln. Bereits am Dienstag soll Markus Söder zum Ministerpräsidenten gewählt werden – zuvor aber droht Ärger im Landtag.

München. In Bayern wollen CSU und Freie Wähler an diesem Wochenende ihre Koalitionsverhandlungen abschließen. Beide Parteien haben für Sonntagnachmittag ihren Vorstand und die Landtagsfraktion zu jeweils gemeinsamer Sitzung einberufen, um den Regierungsvertrag abzusegnen. Bereits am kommenden Dienstag, 6. November, soll Markus Söder (CSU) für die nächsten fünf Jahre zum Ministerpräsidenten gewählt werden. Die künftige Koalition – Schwarz-Orange genannt – stützt sich im Landtag auf 112 von 205 Mandaten.

Der neue bayerische Landtag, der am 14. Oktober gewählt worden ist, wird am Montag zu seiner konstituierenden Sitzung zusammenkommen. Der frühere Chef des Magazins „Focus“, Helmut Markwort (noch 81), wird dabei als Alterspräsident die erste Rede halten. Markwort ist auf der Liste der FDP (5,1 Prozent, elf Mandate) ins Parlament gekommen.

AfD-Mann unter Beobachtung

Ärger ist auch schon zu erwarten – und zwar bei der Wahl der Landtagspräsidenten, bei der laut Geschäftsordnung jeder Fraktion ein Vizeposten zusteht. Die AfD (10,2 Prozent, 22 Sitze) hat dafür den Münchner Rechtsanwalt Uli Henkel benannt. Dieser allerdings steht als einer von drei AfD-Abgeordneten unter Beobachtung des Verfassungsschutzes, weil er in einem extremistischen Video – „Aus Wut wird Gewalt“ – zum Hass gegen schwarzafrikanische Flüchtlinge aufgerufen und außerdem Kontakte zu einem Verein unterhalten soll, in dem Rechtsextremisten aktiv sind.

Gegenüber dem Bayerischen Rundfunk erklärte Henkel nun, die inkriminierte Videopassage auf seiner Wahlkampfseite sei „sicherlich absolut nicht glücklich formuliert“; er würde sie „heute natürlich auch nicht mehr senden“. Ferner werde er als Landtagsvizepräsident „explizit jedes einzelne Wort auf die Goldwaage legen“. Die Grünen hingegen, die Henkels Beobachtung durch den Verfassungsschutz am Donnerstag öffentlich gemacht hatten, erklärten, der Vizepräsident eines Landtags dürfe „kein Feind unserer Verfassung sein“. Die Spitzenkandidatin der Grünen, Katharina Schulze, rief die anderen Fraktionen auf, „gemeinsam Haltung zu zeigen und den Feinden der Demokratie die Stirn zu bieten“.

Die CSU wiederum, die bei der Wahl vor drei Wochen eine schwere Niederlage erlitten hat, aber mit 37,2 Prozent und 85 Mandaten immer noch stärkste Kraft im Landtag ist, bereitet in den nächsten Wochen ihren Sonderparteitag vor, der wohl am 8. Dezember stattfindet. Weil man eine „selbstzerfleischende“ Auseinandersetzung auf offener Bühne über das Wahlergebnis und die dafür verantwortlichen Personen vermeiden will, soll bis zum Parteitag, hinter den Kulissen, eine tendenziell beschlussfähige Einigung über die politische Zukunft von CSU-Chef Horst Seehofer und dessen Nachfolge ausgehandelt werden.

Casting um Merkel-Nachfolge

Während Bayern also schon bald den Verhandlungsprozess beendet haben will, läuft in der CDU die Debatte um die Merkel-Nachfolge. Derzeit gelten ja vor allem der frühere Unionsfraktionschef Friedrich Merz, Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer und Gesundheitsminister Jens Spahn als aussichtsreichste Kandidaten.

In zwei Befragungen in der Gesamtbevölkerung lag zuletzt Merz deutlich vor Kramp-Karrenbauer. Allerdings erhielt sie in einer Blitzumfrage unter CDU-Anhängern mit 62 Prozent mehr Zuspruch als Merz, der 54 Prozent bekam, Spahn landete bei 29 Prozent. Konservative in der Partei machten sich am Dienstag aber für Merz als künftigen Vorsitzenden stark.

In der AfD fürchtet man, dass der wirtschaftsliberale und konservative Merz die Partei in die Bredouille bringen könnte. Sollte Merz sich durchsetzen, überlegt man in der AfD bereits, die Wahlprogramme für die kommenden Landtagswahlen in Thüringen, Brandenburg und Sachsen noch einmal zu überdenken.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.11.2018)

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