Budapest bestätigt, dass Ex-Regierungschef Mazedoniens Asyl beantragt hat. Er pflegte enge Verbindungen zu Orbán.
Skopje/Budapest. Nach der Flucht des früheren Regierungschefs Nikola Gruevski nach Ungarn will Mazedonien dessen Auslieferung erzwingen. Premier Zoran Zaev erklärte am Mittwoch, ein offizielles Verfahren sei eingeleitet worden, um von Ungarn die Überstellung des Gesuchten zu beantragen. Das Büro des ungarischen Regierungschefs, Viktor Orbán, bestätigte am Mittwoch, dass Gruevski in Ungarn um Asyl angesucht hat.
Wie konnte der Ex-Premier überhaupt außer Landes fliehen? Auch diese Frage beschäftigte am Mittwoch die mazedonischen Behörden. Innenminister Oliver Spasovski mutmaßte in einem Interview mit dem TV-Sender Kanal 5, der frühere nationalkonservative Regierungschef habe die Grenze wohl illegal abseits der Übergänge passiert. Die grüne Grenze werde zwar bewacht, es sei aber nicht möglich, sie hermetisch abzuriegeln. Das Ministerium gehe davon aus, dass er Fluchthelfer gehabt habe.
Seinen Reisepass hatte Gruevski wegen Fluchtgefahr bereits 2017 abgeben müssen. Aufgrund des illegalen Erwerbs einer Luxuslimousine auf Staatskosten ist er zu zwei Jahren Gefängnis verurteilt worden, vergangene Woche hätte er die Haftstrafe antreten sollen. Drei Prozesse wegen Amtsmissbrauchs und Korruption laufen noch.
Doch statt ins Gefängnis zu gehen, tauchte Gruevski unter, bis er am Dienstag via Facebook verkündete, er befinde sich in Budapest. Während seiner Amtszeit (2006 bis 2016) hatte Gruevski enge Beziehungen zum rechtspopulistischen ungarischen Premier Orbán unterhalten. Oligarchen aus Orbáns Umkreis übernahmen auch Beteiligungen an Medienunternehmen von Gruevskis nationalkonservativer Partei VMRO-DPMNE.
Untersuchungshaft für Parteifreunde
In Mazedonien müssen angesichts der Entwicklung nun gleich mehrere von Gruevskis Parteifreunden damit rechnen, in Untersuchungshaft genommen zu werden. Auf Antrag der Sonderstaatsanwaltschaft wurde bereits eine 30-tägige Haft für den früheren Verkehrsminister Mile Janakievski und den einstigen Generalsekretär der VMRO-DPMNE, Kiril Bozinovski, angeordnet. Beide sind Mitangeklagte in einem der Prozesse gegen Gruevski. (APA/Reuters/red.)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.11.2018)