Testessen: Freyenstein in Gersthof

(c) die Presse (Carolina Frank)
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Wiederbesucht: Vorreiterlokal Freyenstein, Jakob Kaineder bietet mittlerweile eine vegetarische Alternative an.

Auf den ersten Blick wirkt hier nichts spektakulär. Eine schmale Seitengasse in Gersthof, ein vertäfelter Schankraum, ein, wenn man es positiv ausdrücken will, eklektizistisch eingerichteter Gastraum – und ein Prachtinnengarten, der derzeit Winterschlaf hält. Das Menü würde heute nicht für allzu viel Aufsehen sorgen. Ein Zettel mit einem einzigen kleingängigen Menü, Wahlmöglichkeiten oder Alternativen sind vorerst keine angegeben. In vielen Lokalen, die manchmal unter Bistronomy subsummiert werden, ist das heute international Standard, auch wenn dieses Nimm-es-oder-komm-nicht-Konzept nicht nur Fans hat. Vor zehn Jahren allerdings, als Meinrad Neunkirchner mit seinem Miniaturenmenü (wieder) die Bühne betrat, war dies etwas Neues.

Bald bot er im Freyenstein überhaupt nur mehr ebendieses eine Menü, mit dem er zugunsten seiner Gäste bestens kalkulieren konnte: Zehn oder mehr Kleingerichte, in fünf Tranchen serviert. Meinrad Neunkirchner, ein für die österreichische Küche durchaus Wichtiger, verstarb 2016; sein aus Bayern stammender junger Sous-Chef, Jakob Kaineder, hatte schon einige Monate davor die Küchenleitung übernommen. Und ist hier weiterhin am Werk. Anfang dieses Jahres zog sich Eva Homolka, die Freyenstein-Wirtin, zurück, Klaus Lagler, langjähriger Stammgast, übernahm das Lokal. Und durfte nun eben das zehnjährige Jubiläum dieses speziellen, versteckten Restaurants feiern.

Jakob Kaineder bietet mittlerweile eine vegetarische Alternative an, die man allerdings im Vorhinein bekannt geben soll. Zahlt sich aus: Um gerade einmal 50 Euro für zehn Gänge plus diverser Grüß-Gott- und Auf-Wiedersehen-Kleinigkeiten kann man hier aufwendig und richtig gut fleischlos essen. Das Menü mit Fleisch und Fisch kommt auf 58 Euro. Mit einem beglückenden zweiteiligen Gang nach dem anderen. Kaineder ist nämlich ein begnadeter Abschmecker. Allein die Erdnuss-Zwiebel-Salsa zum Amuse-Klassiker Salamitoast ist phänomenal ausbalanciert: Fruchtsüße, Umamifett’n, Zwiebelschärfe, Säure – alles da. Gebackener Kalbskopf, ein Neunkirchner’scher Favorit, gerät nicht zuletzt dank der Estragonmayonnaise dazu umwerfend, und angesichts der Sauce d’Ambroisie zur gereiften Beiried verzeiht man der Küche sogar die violetten Karfiolröschen. Mehr Nachhinker denn Vorreiter ist man beim seelenlosen weißen Miniaturgeschirr aus dem Cateringbedarf. Sich selbst zum Geburtstag zu beschenken ist übrigens hierzulande nicht verboten.

Info

Freyenstein, Thimiggasse 11, 1180 Wien, Tel.: +43/(0)664 439 08 37, Restaurant: Di–Sa, 18–24 Uhr.

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