Immomarkt Deutschland

Erfolgreich in der Nische

Kaufmann/Zima
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Ein Hotel aus 200 Holzmodulen auf einem Hamburger Dach, ein Studentenheim mit 371 Boxen: Neben großen Unternehmen bauen auch kleine Firmen aus Österreich an Objekten in Deutschland.

Auf dem boomenden Immobilienmarkt in Deutschland mischen etliche österreichischen Unternehmen mit. Und nicht nur die großen Player der Branche sind grenzüberschreitend tätig: Auch einigen innovativen „Kleinen“ ist es gelungen, erfolgreich Nischen zu besetzen und damit Aufträge bei deutschen Großprojekten an Land zu ziehen.

Geschafft hat es beispielsweise die mittlerweile dem Start-up-Dasein entwachsene McCube GmbH aus dem niederösterreichischen Amstetten. Das Team rund um Firmengründer und Geschäftsführer Oliver Pesendorfer baut flexibel zusammensetz- und auseinandernehmbare Fertighäuser aus Holzmodulen und profitiert davon, dass „die Deutschen der Modulbauweise viel aufgeschlossener gegenüberstehen als die Österreicher“, so Pesendorfer. Schon unmittelbar nach der Präsentation des Konzepts bei einer Erfindersendung im TV seien zahlreiche Anfragen aus dem Nachbarland eingegangen, erinnert er sich.

Module für Büros, Hotels . . .

Jetzt, vier Jahre später, betreibt McCube Büros in Berlin und nahe Frankfurt, im Frühjahr wird in Ingolstadt ein Musterhaus eröffnet. Der ökologiebewusste Unternehmer vermeidet lange Transportwege und liefert seine Holzwürfel nicht über die Grenze, sondern hat zwei Partnerfirmen in Deutschland, die die Module fertigen. Auf diese Weise entsteht derzeit ein Hotel auf dem Dach eines Einkaufszentrums in Hamburg, für das rund 200 Module miteinander verschachtelt werden. Probleme gebe es noch bei der Dämmung: McCube verwendet dafür mit Hanf eine nachwachsende Ressource, deren Einsatz in Deutschland nicht erlaubt sei.

Auf Schulbauten und Studentenheime hat sich das Familienunternehmen Kaufmann Bausysteme aus Reuthe (Vorarlberg) spezialisiert und damit den Schritt ins Nachbarland gewagt. Dort gebietet der Trend, diese Zweckbauten ebenfalls aus Modulen zusammenzustecken. „Wir bauen auch traditionell, aber 90 Prozent unseres Umsatzes machen Modulhäuser aus“, sagt Geschäftsführer Christian Kaufmann.

. . . und Schulen

„Wir sind Nutznießer des Umstands, dass in Deutschland in den vergangenen Jahren wenig in den Bau von Bildungseinrichtungen investiert wurde. Angesichts der demografischen Entwicklung herrscht jetzt enormer Druck.“ In Hamburg wurden für das Studentenheim „Woodie“ 371 Boxen verbaut, zwei Schulen wurden in Frankfurt fertig gestellt, in Berlin hat man Aufträge für drei weitere Schulbauten in der Tasche.

Ein Familienunternehmen ist auch die Paneder Bauelemente GmbH aus Atzbach in Oberösterreich. Eines ihrer Spezialgebiete: Produktions- und Lagerhallen. Über Niederlassungen in Bayern und Mecklenburg-Vorpommern werden Projekte in Deutschland abgewickelt, so wie heuer der Firmensitz eines Kosmetikherstellers in Augsburg.

Für Häuser aller Art stellt die burgenländische Firma Austrotherm spezielle Dämmstoffe her, die sich besonders für Fundamentplatten eignen. Vor sieben Jahren wollte man nach Polen expandieren, doch „die Behörden in der ehemaligen DDR waren so entgegenkommend“, erinnert sich Geschäftsführer Gerald Prinzhorn, dass man „einen Standort in Wittenberge im Bundesland Brandenburg eröffnete“. Seit 2014 wird dort produziert. „In Sachen Gebäudesanierung hinken die Deutschen leider hinterher“, sagt Prinzhorn, „doch unsere Produkte finden vor allem bei Neubauten Verwendung, und da ist insbesondere in den deutschen Ballungsräumen viel Potenzial.“ Der Bauboom in Metropolen wie München, Hamburg oder Berlin werde anhalten. „Wir bekommen unsere Aufträge sehr früh, sehen also zeitig, wie sich der Markt entwickeln wird.“

Der Wohnimmobilien-Marktbericht Deutschland 2018 von Engel & Völkers bestätigt diese Prognose. Aufgrund der Zinssituation sei „der Traum vom Eigenheim derzeit trotz steigender Preise erschwinglicher denn je“. Und: Urbane Gebiete werden weiterwachsen und so für Bauaufträge – auch für spezialisierte Unternehmen aus Österreich – sorgen.

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Neben der guten Marktlage in Deutschland, der örtlichen (und sprachlichen) Nähe gibt es auch sozialversicherungsrechtliche Vorteile, etwa „gegenseitige Abkommen, die den Einsatz österreichischer Arbeitskräfte in Deutschland erleichtern“, so Paul Grohmann, Geschäftsstelle Bau der österreichischen Wirtschaftskammer.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.11.2018)

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