Immomarkt Deutschland

Wiener Schmäh und deutsche Gründlichkeit

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Verschieden in Mentalität und Rechtsnormen, aber ähnlich in Sprache und Zielen: Die Immobilienmärkte in Deutschland und Österreich leben von ihren Protagonisten. Und ergänzen einander im Endeffekt recht gut.

Die deutschen Investoren waren für die Professionalität des österreichischen Immobilienmarkts sicherlich ein entscheidender Faktor. Im Jahr 1995 erwarb die deutsche CGI – als erster deutscher Investor im großen Stil – in Wien ein Bürohaus. Seit dem Kauf des Galaxy Tower hat sich viel geändert – nicht nur auf dem österreichischen Markt. Denn die daheim entwickelte Professionalität wurde in die Märkte jenseits der Grenzen mitgenommen, nicht zuletzt erkannten Österreicher das Potenzial auf dem deutschen Markt oft noch vor den deutschen Marktteilnehmern.

Typische Beispiele sind die S-Immo AG, Magan Advisors und die CA Immo (siehe auch Seite 13). Sie sind seit Mitte der 2000er-Jahre in Deutschland aktiv und können jetzt ihre Erfahrung ausspielen, genauso natürlich wie die Signa Real Estate, die beispielsweise mit dem Zukauf des RFR-Portfolios im Jahr 2017 für den größten Immobiliendeal in Deutschland sorgte.

Gut nur, dass es sich bei so manchem dieser Käufe um einen Share-Deal handelte und nicht nur einzelne Immobilien erworben wurden: „Beim Kauf einer Immobilie muss in Deutschland beim Notar der gesamte Kaufvertrag vorgelesen werden“, erklärt Richard Buxbaum, Leiter Immobilienvermarktung Wohnen und Zinshäuser bei Otto Immobilien, eine rechtliche Eigenheit in Deutschland. Bei dieser Prozedur und einem ausführlichen Vertrag kann der Termin beim Notar schon sehr lang dauern. Dass daher die Notare ausgewählt würden, die am schnellsten sprechen können, ist allerdings nur ein Gerücht.

Grundbuch nicht öffentlich

Es gibt noch einige andere Besonderheiten, die den deutschen Markt ausmachen, weiß Alexander Neuhuber von Magan Advisors: „Abgesehen vom alten Kalauer, dass uns die gemeinsame Sprache trennt, gibt es schon offensichtliche Unterschiede in der Mentalität wie auch im Regelwerk der beiden Länder.“ In Deutschland ist das Grundbuch nicht öffentlich einsehbar. Eine direkte Kontaktaufnahme mit Eigentümern ist daher schwierig bis unmöglich, oft lernt man diese erst beim Notartermin kennen. Daraus resultiert eine starke Position des Maklers.

Das macht sich – im Unterschied zu Österreich – auch bei den Provisionen bemerkbar, die dann nach oben geschraubt werden. „Es hat wenig Sinn, den Maklern von vornherein zu sagen, mehr als zwei Prozent Provision habe man noch nie bezahlt“, meint Neuhuber. „Wer so beginnt, der stellt sich in der Nahrungskette ganz hinten an.“

Der Marktmacht des deutschen Maklers steht allerdings nicht selten eine eher mangelhafte Ausbildung diametral gegenüber. Ein Umstand, der auch vonseiten der deutschen Immobilienwirtschaft bemängelt wird. Vielleicht könnten da die Deutschen auch etwas von den Österreichern lernen?

Das sind aber nicht die einzigen Unterschiede. „Die Deutschen sind sehr strukturiert“, meint Georg Fichtinger, Senior Director, Head of Investment Properties bei CBRE: „Sie haben ein klares Profil, was sie wollen, und auch die Behaltedauer bei den Projekten ist schon eingeplant.“

Abschluss mit Apfelstrudel

Wolfdieter Jarisch, Gesellschafter und Vorstand der S+B-Gruppe, bestätigt: „Unsere deutschen Freunde sind sehr stark zahlen- und tabellenorientiert und treffen oft Entscheidungen nach genau festgelegten, reglementierten Parametern.“ Demgegenüber lassen sich die Österreicher „auch von Emotionen und Bauchgefühl leiten“. Verhandlungen können zu Beginn etwas trocken sein, „laufen aber bei Sachertorte und Apfelstrudel rund“, verrät Jarisch sein kulinarisches Erfolgsgeheimnis. „Wir haben noch alle unsere Projekte mit deutschen Partnern in Zufriedenheit und Einklang abgeschlossen.“

Netzwerk hilft da wie dort

Da wie dort sei ein entscheidender Faktor auf den Märkten „ein gutes Netzwerk“, meint Henning Koch, Global Head of Transactions bei dem Assetmanager Commerz Real: Allein aufgrund der unterschiedlichen Landesgröße „ist dieser Effekt in Österreich noch einmal deutlich stärker ausgeprägt“.

Koch muss es wissen, die Commerz Real ist mit dem offenen Immobilienfonds Hausinvest mittlerweile seit über 20 Jahren erfolgreich in Österreich aktiv. Und auch wenn der deutsche Markt seine Stärken hat, sehen die Deutschen die vorhandenen Möglichkeiten in Österreich. Georg Reul, CEO des Investmentmanagers Hamburg Trust: „Die Mieten im frei finanzierten Marktsegment liegen aufgrund der niedrigpreisigen öffentlichen Konkurrenz erheblich unter denen vergleichbarer deutscher Großstädte – daraus ergibt sich eine ganz andere wirtschaftliche Nachhaltigkeit der Investments.“

Unabhängig von den derzeit höheren Renditen bei österreichischen Wohnimmobilien sieht Koch einen weiteren immensen Vorteil: „Einem deutschen Investor kann Österreich als Gateway in die gesamte CEE-Region dienen. Grund hierfür ist, dass viele Akteure aus Österreich in der CEE-Region gut aufgestellt sind.“

Die deutsche Gründlichkeit und der Wiener Schmäh ergänzen sich eben sehr gut.

AUF EINEN BLICK

Rechtliche Besonderheiten. In Deutschland ist das Grundbuch nicht öffentlich einsehbar und eine direkte Kontaktaufnahme mit Immobilieneigentümern deshalb oft schwierig. Makler haben daher mehr Marktmacht als in Österreich. Auch das Prozedere bei Immobilienkäufen ist zum Teil abweichend, unter anderem muss beim Notar der gesamte Vertrag vorgelesen werden. Entsprechend lang können solche Termine dauern.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.11.2018)

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