Donald Trumps einsame Entscheidung

Syrien-Abzug überrumpelte Pentagon und Außenamt.

Wien/Washington. Der Aufruhr in Washington über die einsame Entscheidung des Präsidenten, die rund 2000 US-Soldaten aus Nordsyrien just zu Weihnachten zurückzurufen, war groß – insbesondere in den republikanischen Reihen. Mehrere Senatoren verfassten ein Schreiben an Donald Trump, in dem sie appellierten, den Beschluss zu revidieren. Lindsey Graham und Marco Rubio, die einflussreichen republikanischen Senatoren, kritisierten die Fehlentscheidung. Hätte Barack Obama so gehandelt, „hätten wir verrückt gespielt“, sagte Graham.

Der US-Präsident hat sich überdies über seine Berater hinweggesetzt, die zu einer weiteren Stationierung rieten, so wie Sicherheitsberater John Bolton oder Verteidigungsminister James Mattis. Sie warnten vor einem Chaos in der Region. Trump hat sowohl das Pentagon als auch das Außenministerium unter Mike Pompeo brüskiert – und vor allem Mattis muss sich die Frage gefallen lassen, wie lang er noch im Amt zu bleiben gedenkt. Sein Einfluss auf den Präsidenten ist rapide geschwunden. Trump überging ihn zuletzt auch bei der Bestellung des Generalstabschefs der Streitkräfte. Mit Stabschef John Kelly verlässt zu Jahresende ein Ex-General und Mattis-Freund das Weiße Haus.

Keine Sheriffrolle in Nahost

Donald Trump setzte sich indes über alle Einwände hinweg, nicht zuletzt auch über jene der Verbündeten Großbritannien und Frankreich, Deutschland und Israel, die von der Ankündigung Trumps per Twitter weitgehend überrumpelt worden sind. Der IS sei nicht von der Landkarte gelöscht, gab Florence Parly, die französische Verteidigungsministerin, zu bedenken.

Doch Trump ficht all das nicht an. Via Twitter rechtfertigte er den Abzug aus Syrien als explizites Wahlkampfversprechen. Die USA müssten nicht die „Sheriffrolle“ im Nahen Osten spielen. Es sei an der Zeit, dass andere Staaten den Kampf führten. Seine Berater versuchten vergeblich, dem Präsidenten die geostrategischen Zusammenhänge nahezubringen. (vier)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.12.2018)

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