U-Ausschuss wegen Skinhead-Reportage?

Skinhead Philipp bei einem Interview
Skinhead Philipp bei einem Interview(c) APA/HERBERT NEUBAUER (HERBERT NEUBAUER)
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Das BZÖ will einen Untersuchungs-Ausschuss beantragen und darin auch die Rolle der Polizei klären. Der ORF lässt derweil alte Rechnungen prüfen: Noch immer ist unklar, wieviel Geld die Skinheads vom ORF bekamen.

Die "Am Schauplatz"-Folge über zwei junge Skinheads schlägt erneut politische Wellen: Das BZÖ hat angekündigt, wird bei der nächsten Nationalratssitzung Ende April einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss zu beantragen. Darin solle der "Echtheitsgehalt" der Aufnahmen sowie die Rolle der polizeilichen Ermittler geklärt werden, so BZÖ-Chef Bucher.

Der Polizei wird nämlich vorgeworfen, bei den Jugendlichen Druck ausgeübt zu haben, um den Protagonisten ein Geständnis wegen angeblicher "Sieg Heil"-Rufen bei einer FPÖ-Veranstaltung abzuringen. Das sagten die zwei Jugendlichen in Interviews.Die Polizei wehrt sich gegen diese Vorwürfe. Auch der angebliche "Sieg Heil"-Sager, den Strache bei der Kundgebung in Wiener Neustadt vernommen haben will, soll Gegenstand des Ausschusses sein.

FPÖ und ÖVP gegen U-Ausschuss

Bucher rechnet damit, dass der U-Ausschuss nur "zwei bis drei Wochen" dauern würden, da der Katalog der zu klärenden Fragen überschaubar sei. Der BZÖ-Chef glaubt, dass alle Parlamentsfraktionen an einer raschen Klärung der Causa interessiert sind, insbesondere die FPÖ, die dem "Am Schauplatz"-Team vorwirft, "bezahlte Statisten" engagiert zu haben. Als Vorsitzenden wünscht sich Bucher Ewald Stadler, da dieser "zu allen Streitparteien eine distanzierte Stellung bezieht und nicht vereinnahmt werden kann".

ÖVP und FPÖ haben diese Forderung nach einem U-Ausschuss jedoch vehement abgelehnt. Die Grünen hingegen unterstützen den Vorschlag und haben am Montag ihre Anzeige gegen die Ermittler eingebracht.Die SPÖ zeigte sich abwartend: Man wolle keinen U-Ausschuss parallel zum laufenden Verfahren, hieß es aus dem Klub.

ORF lässt Rechnungen prüfen

Einen der Vorwürfe an der Sendung und "Schauplatz"-Redakteur Ed Moschitz versucht der ORF selbst zu entkräften: Es ist nämlich immer noch nicht klar, wieviel der ORF den Jugendlichen gezahlt hat. Der ORF spricht von 100 Euro Abgeltung für Persönlichkeitsrechte, die Skinheads selbst geben an, pro Drehtag dieses Summe erhalten zu haben.

Nun prüft der ORF seine Bücher: Alle Zahlungen im Bereich der ORF-Magazine der letzten beiden Jahre werden ausgehoben, sagte der kaufmännische Direktor Richard Grasl. Dabei soll geprüft werden, ob und in welchem Ausmaß an Protagonisten Geld geflossen ist. Grasl betonte jedoch, dass es bei der ins politische Kreuzfeuer geratenen "Am Schauplatz"-Sendung in den Büchern "keinen Beleg dafür gibt, dass mehr als die zwei mal 100 Euro für die Rechteabgeltung gezahlt worden sind".

"Wie viel ist geflossen?"

Die Prüfung erfolge auch wegen des beantragten Sonderpublikumsrates zu der Causa, sagte Grasl. Ausschlaggebend dürften aber Interviews der Skinheads am Wochenende gewesen sein: In diesen behaupteten sie, Geld vom "Am Schauplatz"-Team bekommen zu haben, stritten aber ab, auf Aufforderung neonazistische Sager von sich gegeben zu haben: "Nachdem die beiden alle Vorwürfe an den ORF dementiert haben, außer der Zahlung, lassen wir das jetzt ausheben", so Grasl. "Da wollen wir wissen: 'Wie viel ist geflossen? Und wäre etwas geflossen, wer entscheidet das?'"

Nur 200 Euro scheinen auf

Auch der ORF-Finanzdirektor schloss dezidiert aus, dass vom ORF an die beiden Schauplatzprotagonisten mehr als die jeweils hundert Euro für die Rechteabgeltung gezahlt wurden: "Wir haben das im Laufe der letzten beiden Tage angeschaut, und das einzige was in unserer Buchhaltung ist, sind die zweimal hundert Euro", so Grasl. Wenn mehr gezahlt würde, etwa über Spesenabrechnungen, müsste das im Buchhaltungssystem aufscheinen, betonte er: "Jeder Euro, der aus dem ORF hinaus- oder hineinfließt, läuft über das SAP-System. Sogar die Belege sind in den Computer eingescannt."

Die Ergebnisse der Untersuchung würden auch öffentlich gemacht, kündigte Grasl an, "wobei natürlich Datenschutzfragen zu klären sind."

(APA/Red.)

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