Die neuen Herren von Venetien und Piemont

Die Lega Nord stellt in zwei der reichsten Regionen Italiens die Präsidenten: Luca Zaia machte bisher als Freund des „McItaly“-Burgers auf sich aufmerksam, Roberto Cota durch Angriffe auf Muslime.

ROM. In der Stunde seines Erfolges kam Italiens Landwirtschaftsminister ins Stammeln. Dass Luca Zaia als gemeinsamer Kandidat des rechten Bündnisses von Italiens Premier, Silvio Berlusconi, im reichen Venetien gewinnen würde, stand außer Frage. Doch selbst in seinen kühnsten Träumen hätte sich der Politiker von der Lega Nord wohl nicht vorstellen können, welches Kunststück ihm gelingen sollte: Der 42-Jährige aus Treviso lehrte Berlusconi im Nordosten das Fürchten und machte die Lega zur stärksten Partei – mit fast zehn Prozent Vorsprung vor dessen „Volk der Freiheit“ (PL).

Treviso im Freudentaumel

Mehr als 60Prozent hatten Zaia ihre Stimme gegeben. Im Hauptquartier der Lega in der Stadt Treviso, einer der Hochburgen der Partei, wo Zaia vor mehr als einem Jahrzehnt seine politische Karriere begonnen hatte, kannte die Begeisterung kaum Grenzen.

Vor zwei Jahren, nach seinem erneuten Wahlsieg, hatte Berlusconi ihm das Landwirtschaftsressort gegeben. Zaia, studierter Agrarwissenschaftler, wurde damit einer von vier Ministern der Lega in Rom. Vielen Italienern aber wurde er erst kürzlich ein Begriff. In eine Schürze gewandet, präsentierte er in einer McDonald's-Filiale in Rom eine „typisch italienische“ Köstlichkeit, den „McItaly“. Der neuen Burger-Linie verhieß der Landwirtschaftsminister eine große Zukunft – einen weltweiten Siegeszug wie einst Pasta und Pizza. Auf Kritik an seinem Engagement reagierte der Minister humorlos. Das sei das „Gerede von Stalinisten“, konterte er ganz im Stil von Berlusconi.

Jetzt kehrt Zaia in die Provinz zurück, dieses Mal allerdings in den prunkvollen Palast der Provinzregierung in Venedig, wo er „der Präsident aller“ sein will, wie er auf seiner Homepage im breiten Dialekt der Gegend versichert.

Keine Angst vor Kommunisten

Berührungsängste kennt er nicht. In einem jüngst publizierten Buch „Adottare la terra“, zu Deutsch etwa „Die Erde annehmen“, wettert er gegen die Auswüchse der Globalisierung und bezieht sich dabei sowohl auf Papst BenediktXVI. als auch auf das Idol von Italiens Kommunisten, Pier Paolo Pasolini. Als wichtigstes Projekt sieht Zaia nun die Stärkung des Föderalismus, die Parteichef Umberto Bossi auch in Rom massiv vorantreiben wird.

Rückendeckung wird er dabei von einem kriegen, der nach einer langen nächtlichen Zitterpartie nun ebenfalls eine Region regiert, als zweiter Mann der Lega Nord: sein Parteifreund Roberto Cota, enger Vertrauter von Bossi, der sich im Piemont gegen die linke Amtsinhaberin, Mercedes Bresso, durchsetzen konnte. Das Piemont mit der „roten“ Hauptstadt Turin ist neben der Lombardei und Venetien eine der wirtschaftlich potentesten Regionen Italiens. Im Gegensatz zu Zaia gehört der 41-jährige Jurist aus Novara als Chef der Lega-Fraktion im Abgeordnetenhaus zu den Schwergewichten der Politik Roms. Von ihm stammt die Idee, ausländische Kinder in Sonderklassen zu verbannen, solange sie schlecht Italienisch sprechen, auch gegen Muslime zieht Cota gern zu Felde.

Republiksfeier bei Sezessionisten

Ausgerechnet dem Regionalpräsidenten einer Partei, die von der Sezession träumt, gebührt nun die Ehre, 2011 die Feiern zum 150-jährigen Bestehen Italiens zu veranstalten: Turin war erste Hauptstadt des vereinten Königreichs Italien.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 31.03.2010)

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