Bahn: ÖBB-Schulden verdoppeln sich bis 2011

Der Schuldenstand der Bundesbahnen wird auf bis zu 14 Milliarden Euro anschwellen. In der Regierung wird derweil eifrig über eine neue Struktur gefeilscht. Neue Jobs in Vorstand und Aufsichtsrat inklusive.

WIEN. ÖBB-Chef Martin Huber zeigt sich mit den vorläufigen Zahlen des Geschäftsjahres 2006 höchst zufrieden. Die Erträge der Bundesbahnen stiegen gegenüber dem Vorjahr um sechs Prozent auf 5,3 Mrd. Euro, das Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit (EGT) von 13 auf 30 Mio. Euro. Die Produktivität je Mitarbeiter erhöhte sich von 106.000 auf 126.000 Euro. Anzumerken ist freilich, dass die Bahn pro Jahr allein 1,4 Mrd. Euro an staatlichen Subventionen für den Schienenbetrieb und die Zinszahlungen erhält.

Erhöht hat sich 2006 allerdings auch der Schuldenstand der Bahn, und zwar von 6,4 auf 7,7 Mrd. Euro. Diese Schulden seien aufgrund der Versäumnisse der Vergangenheit notwendig, argumentiert ÖBB-Finanzvorstand Erich Söllinger. Allein bis 2011 werden die Schulden laut ÖBB-Schätzungen auf 13 bis 14 Mrd. Euro in die Höhe schnellen. Als Grund dafür wird das intensive Bauprogramm angeführt. Spätestens im Jahr 2010 werde die Politik auch "über eine Entschuldung der Bahn nachdenken müssen", so Söllinger.

ÖBB-Spitze soll "breiter" werde

Die stark steigende Verschuldung der Bahn ist derzeit allerdings nicht das zentrale Thema der Eigentümervertreter. Die Politik verhandelt indes intensiv über die ÖBB-Reform. Im Büro von SP-Verkehrsminister Werner Faymann bestätigt man laufende Gespräche, über Inhalt und Zeitrahmen gibt man sich jedoch verschlossen.

Fest steht, dass die ÖBB-Struktur umgekrempelt wird: "Es wird eine Änderung geben, um das Ziel einer effizienteren Bahn zu erreichen", meinte Faymann unlängst. Vieles deutet darauf hin, dass es zu einer Vergrößerung der obersten Führungsebene kommen wird. Gleichzeitig dürften die wichtigsten Töchter der Bahn (Personenverkehr-, Güterverkehr und Infrastruktur) von Aktiengesellschaften in GmbHs umgewandelt werden. Mit der Folge, dass die ÖBB-Holding wieder das Sagen in den wichtigsten Geschäftsbereichen des Konzerns hat.

Wer in der alles steuernden Holding sitzen wird, ist nicht zuletzt Thema der Parteisekretariate der Großkoalitionäre. Heiß diskutiert werden zwei Optionen: Der Minimalvariante zufolge sollen die VP-nahen Holding-Vorstände Huber und Söllinger lediglich einen roten "Aufpasser" bekommen.

Variante zwei: Der Holding-Vorstand wird komplett umgebaut, die ÖBB-Spitze von zwei auf fünf Personen erweitert. Von den amtierenden Vorständen würde nur Huber bleiben, Söllinger soll zur ÖBB-Tochter Postbus wechseln.

ÖBB angelt nach Fischer

Söllingers Finanzagenden in der ÖBB-Holding könnte Alfred Lutschinger, Finanzprokurist bei der Infrastruktur Betrieb AG, übernehmen. Helfen könnten ihm seine guten Kontakte zur SPÖ. Als einziger Vorstand einer ÖBB-Tochter könnte Infrastruktur Betriebs-Vorstand Peter Klugar in die Holding aufrücken. Zwei Manager sollen von außen kommen. Einer ist Telekom-Vorstand und ÖBB-Aufsichtsrat Rudolf Fischer. Er ist mit Huber befreundet und wird keinem politischen Lager zugerechnet. sGute Chancen soll auch Gabriele Payr haben. Sie ist derzeit bei den Wiener Stadtwerken für die Wiener Linien verantwortlich und gilt als Faymann-Vertraute.

Auch im ÖBB-Aufsichtsrat bahnen sich gröbere Veränderungen an: Heute, Freitag, hat Aufsichtsratspräsident Wolfgang Reithofer einen Termin beim Verkehrsminister. Es wird allgemein angenommen, dass der Wienerberger-Boss dort seinen Rücktritt als Aufsichtsratschef erklären wird. Ihm interimistisch nachfolgen soll sein Stellvertreter Franz Rauch, der ebenfalls dem bürgerlichen Lager zugerechnet wird. Ab Herbst soll dann der Wunschkandidat der SPÖ zum Zug kommen: Porr-General Horst Pöchhacker, der bis dahin seine operative Tätigkeit im Baukonzern zurückgelegt haben wird.

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