Katharina Liensberger, 21, fuhr in Flachau erstmals aufs Podest und möchte mit mehr Konstanz Shiffrin und Vlhová fordern.
Flachau/Wien. Der Nachtslalom in Flachau dürfte einen Vorgeschmack auf die Zukunft im Damen-Slalom gegeben haben. Nach fünf zweiten Plätzen in diesem Winter gelang es der Slowakin Petra Vlhová das Duell mit Mikaela Shiffrin für sich zu entscheiden, an den beiden 23-Jährigen wird auf lange Sicht kein Weg zwischen den Stangen vorbeiführen. Mit Katharina Liensberger strahlte beim Heimrennen ein neues Gesicht vom Podest. Im ÖSV-Slalomteam ist die 21-Jährige bereits zur Nummer eins aufgestiegen und schickt sich an, in Zukunft auch das Topduo zu fordern. „Unglaublich, ein unbeschreibliches Gefühl, dass ich das hier beim Heimrennen erleben darf“, frohlockte sie.
Drei Jahre nach dem Weltcupdebüt in Flachau („Ein wilder Ritt“) krönte Liensberger ihre Entwicklung nun mit dem ersten Stockerlplatz. Die Magenprobleme in der Nacht vor dem Rennen waren ebenso wie die Verwirrung um die Disqualifikation der vor ihr gereihten Anna Swenn-Larsson schnell vergessen. „Sie ist eine sehr akribische Arbeiterin“, schwärmte Slalom-Chef Johannes Zöchling über seinen Schützling. „Kathi ist zielstrebig, ehrgeizig und verfolgt ihre Ziele sehr konsequent.“
Stete Entwicklung
Aufgewachsen in der kleinen Gemeinde Göfis bei Feldkirch stand Liensberger im Alter von drei Jahren erstmals auf Ski, damals versprühte auch das Snowboard noch seinen Reiz. „Irgendwie ist es mir abhandengekommen, vielleicht musste das so sein“, erinnerte sie sich. Bald entdeckte die Vorarlbergerin auch den Spaß am Wettkampf, über die Skihauptschule Schruns und das Schigymnasium Stams führte der Weg 2014 in den ÖSV-Kader. „Ich wollte schon immer ganz schnell sein, einmal zu den schnellsten Skifahrerinnen der Welt gehören.“ Drei Jahre später zeigte Liensberger mit RTL- und Team-Silber bei der Junioren-WM in Åre auf. Noch im Vorjahr trat sie bei den U21-Titelkämpfen an, holte RTL-Silber – und ging wenig später bei den Olympischen Spielen an den Start. Das Ticket nach Pyeongchang hatte die Technikerin im letzten Moment gelöst, zurück kam sie mit Team-Silber.
Zuvor hatte Liensberger im Jänner 2018 im Zagreb-Slalom nämlich erstmals den Sprung in die Top Ten geschafft und sich seither mit einer Ausnahme (Zwölfte in Killington) und zwei Ausfällen (zuletzt in Zagreb) dort gehalten. „Das Wichtigste ist, dass ich mir selbst keinen Druck mache, sondern versuche, mich weiterhin stets zu verbessern und nach vorn zu kommen“, betonte die 1,64 m große Athletin. Schließlich gebe es noch viel Luft nach oben. „Was Mika und Petra auf die Piste bringen, ist grandios. Aber ich bin dran, um meine schnellen Schwünge immer konstanter zeigen zu können.“
Auch im Riesentorlauf hat Liensberger in diesem Winter große Fortschritte gezeigt. Hatte sie bei ihren ersten sechs Weltcupantritten jeweils den zweiten Durchgang verpasst oder war ausgeschieden, schaffte sie es heuer konstant in die Punkteränge und in Killington erstmals in die Top Ten. Nach der derzeit am Knie verletzten Katharina Gallhuber, die mit dem Gewinn von Slalom-Bronze in Pyeongchang ebenfalls ein Versprechen für die Zukunft abgegeben hat, ist Liensberger die zweitjüngste Athletin im Nationalkader und trainiert in der Kombi-Gruppe hauptsächlich mit dem neuen Slalom-Coach Robert Füss. Zudem hat die Rossignol-Fahrerin seit den Semmering-Rennen einen neuen Servicemann.
Entspannung an der Harfe
Mit Gallhuber, Katharina Huber und Katharina Truppe bildet Liensberger die junge Garde im ÖSV-Damenteam, das Quartett teilt sich auch den Vornamen. „Nummerierungen gibt's aber keine, und mir ist es egal, ob man mich Kathi oder Katharina ruft“, berichtete sie.
Ausgleich zum Spitzensport findet Liensberger in der Ausbildung zur Zollbeamtin („eine finanzielle Absicherung“) sowie der Musik. Die 21-Jährige ist leidenschaftliche Harfespielerin. „In Stresssituationen gibt es nichts Schöneres, als ein paar Klänge zu spielen und wieder frei von allen Gedanken zu werden.“ Dafür wird jedoch auch künftig wenig Zeit bleiben, denn Liensberger ist gerade erst so richtig im Weltcup angekommen.
ABSAGE AUS ST. ANTON
Die für das Wochenende geplanten Damen-Speedrennen in St. Anton (Abfahrt und Super-G) wurden wegen der Schneemassen und schlechten Wetterprognose abgesagt. In den letzten Tagen hatte die Pistencrew bereits 120.000 Kubikmeter Schnee entfernt.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.01.2019)