Ex-Mediensprecher Maier nach der „Schauplatz“-Affäre: 160-Millionen-Refundierung überdenken.
Seine Partei und die gesamte Regierung sollten nach der „Schauplatz“-Affäre das geplante neue ORF-Gesetz überdenken. Vor allem die 160Millionen Euro Steuergeld, die innerhalb von vier Jahren zusätzlich an den Sender fließen sollen, solle man infrage stellen. Das sagte am Donnerstag im „Presse“-Gespräch der ÖVP-Nationalratsabgeordnete und frühere Mediensprecher seiner Partei, Ferdinand Maier. Am kommenden Mittwoch bei der ÖVP-Klubklausur im steirischen Loipersdorf will er seine Parteikollegen davon überzeugen, mit dem Gesetzesentwurf noch einmal „zurück an den Start“ zu gehen. Es sei „ohnehin kein großer Wurf, man sollte neue Strukturen verhandeln“, sagt Maier. Dabei hatte der Ministerrat den Text für einen moderneren ORF bereits vor Wochen abgesegnet. Der bisherige, weitere Fahrplan: erster Verfassungsausschuss zum Thema am 15.April, Parlamentsbeschluss am 19.Mai.
Doch jetzt hätten sich die Umstände geändert, findet Maier. „Man muss nachdenken, ob dem ORF die 160Millionen tatsächlich zustehen“, sagt er zu dem Plan, dass der Staat dem Sender über Jahre 160Millionen Euro ersetzt, die ausbleiben, weil Hörer und Seher von den ORF-Gebühren befreit worden sind. Denn es sei „fraglich, ob der Sender auch wirklich seinen öffentlich-rechtlichen Auftrag erfüllt“.
Keine Ablöse Wrabetz' gefordert
Das sagt Maier in Bezug auf die kürzlich ausgestrahlte Folge von „Am Schauplatz“ über Skinheads („Am rechten Rand“). FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache wirft dem Sender vor, zwei Jugendliche für die Reportage bezahlt, eingekleidet und zu Nazisprüchen verleitet zu haben. Statt Experten die Vorwürfe untersuchen zu lassen, habe ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz wochenlang „gemauert“, sagt Maier. Dessen Ablöse will er nicht fordern, zuständig dafür wäre der Stiftungsrat des ORF. Wrabetz habe sich in der Causa aber „nicht mit Ruhm bekleckert“, sagt der Nationalratsabgeordnete: „Auch wenn er auf Urlaub war“, wäre Handeln gefragt gewesen.
Mit seiner Skepsis gegen das ORF-Gesetz dürfte Maier in seiner Partei nicht allein dastehen. Schon in der Vorwoche gab es Anzeichen, dass die ÖVP noch am Gesetz rütteln könnte („Die Presse“ berichtete). Der aktuelle ÖVP-Mediensprecher und -Chefverhandler zum ORF-Gesetz, Klubobmann Karlheinz Kopf, hat sich zwar noch nicht offiziell dazu geäußert. Im „Club2“ zur „Schauplatz“-Affäre wetterte er aber schon heftig gegen den ORF.
Die Distanz zwischen den Koalitionspartnern in der ORF-Politik wird damit immer größer. Die SPÖ hat erst kürzlich den ORF-Publikumsrat rot eingefärbt, damit sicherte sie sich die Mehrheit im mächtigeren Stiftungsrat. Auch dieser wird derzeit neu besetzt – nach Ostern muss die Regierung neun Kandidaten entsenden. Die Stimmung bei Rot-Schwarz sei schlecht, heißt es.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.04.2010)