GE und das „Ende der Apokalypse“

Der Industrieriese General Electric hat Frankreich 1000 Jobs versprochen. Aber nicht geliefert. Jetzt droht eine Klage.
Der Industrieriese General Electric hat Frankreich 1000 Jobs versprochen. Aber nicht geliefert. Jetzt droht eine Klage. (c) REUTERS (Brian Snyder)
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In Frankreich muss General Electric bis zu 50 Millionen Euro Strafe zahlen, weil man Jobversprechen gebrochen hat. Dennoch sehen Analysten ein Licht am Ende des Tunnels für GE.

Wien/Paris. General Electric kommt nicht zur Ruhe. Die einst größte Firma Amerikas steckt in einer tiefen Krise – ausgelöst durch den Zukauf der französischen Alstom im Jahr 2015. Damals hatte GE den Elektrizitäts-Arm von Alstom nach langem Ringen mit der französischen Regierung und dem Rivalen Siemens übernommen. Was als Erfolg für Amerika gefeiert wurde, hat sich als Albtraum erwiesen. Der 127 Jahre alte Industrieriese ist ins Wanken geraten, der Aktienkurs abgestürzt.

Jetzt will die französische Regierung den Konzern auch noch zu einer Strafe von rund 50 Mio. Euro verdonnern.

Denn um die Unterstützung aus Paris zu bekommen, hatten die Amerikaner rund um den damaligen GE-Chef, Jeffrey Immelt, allzu großspurige Versprechen gemacht. Bis Ende 2018 sollten in Frankreich 1000 neue Jobs bei Alstom entstehen. Für jeden nicht geschaffenen Job muss GE nun 50.000 Euro zahlen. Im April war noch von zumindest rund 300 neuen Jobs die Rede. Aber diese Zahl wird von der Gewerkschaft angezweifelt. Von der Regierung offenbar auch. Bloomberg berichtet am Dienstag, dass Paris nun andenkt, die Maximalstrafe zu fordern. Aber selbst 50 Millionen Euro wären bei GE nur einen Tropfen auf den heißen Stein.

Schuldenorgie und Abverkauf

Die Übernahme von Alstom, immerhin der größte Zukauf der Konzerngeschichte, war ein totales Desaster. GE ist seit Jahren damit beschäftigt, seine besonders profitablen Teile abzustoßen – um das Kerngeschäft rund um die Energieerzeugung zu retten. Mit Alstom hatte sich der Weltmarktführer vor allem im Bereich der Gasturbinen gestärkt – aber da ist die Nachfrage seither eingebrochen, weil erneuerbare Energien preislich konkurrenzfähiger geworden sind. Auch gab es technische Probleme bei der neuesten Turbinengeneration.

Immelt trat 2017 als Konzernchef zurück. Sein Nachfolger John Flannery gab später zu, dass man für Alstom zu viel bezahlt hätte. Im vergangenen Quartal nahm GE eine Megaabschreibung von 23 Mrd. Dollar vor, um den Deal in der Bilanz zu verdauen. Dazu kommen Probleme in der Finanzabteilung. GE ist sozusagen nebenbei auch eine Bank. Das Geschäft läuft seit der Krise aber schlecht. Zudem hat der Konzern zu viele Schulden angehäuft. All das hat zu einem Abverkauf an der Börse geführt.

Auch Flannery war nach nur einem Jahr an der Spitze von GE zurückgetreten – die Aktionäre hatten Druck gemacht. Inzwischen hat sich General Electric aus dem Licht- und Automobilsektor zurückgezogen. Das Mediengeschäft hat man schon länger verlassen. In den vergangenen zehn Monaten hat man Assets im Wert von rund zehn Mrd. Dollar verkauft, um das Konglomerat zu retten – darunter auch den Gasmotorenhersteller Jenbacher in Tirol. Dass in Frankreich heuer noch Jobs dazukommen, ist eher unwahrscheinlich. Im Gegenteil: GE will weltweit 12.000 Beschäftigte abbauen. Aktuell hat die Firma rund 300.000 Mitarbeiter weltweit.

Unter Flannerys Nachfolger Lawrence Culp könnte nun aber tatsächlich die Trendwende gelingen. Zwar seien auch in der kommenden Berichtssaison noch einmal enttäuschende Zahlen zu erwarten, warnen Analysten. Am 31. Jänner wird GE die Zahlen für das vierte Quartal vorlegen. Dann brauche es auch einen klaren Plan für die Zukunft, so Stephen Tusa von JP Morgan. Sonst würde die Aktie erneut unter Druck geraten.

Andere sehen General Electric aber wieder im Aufwind. Die Aktie war Ende 2018 unter sieben Dollar gefallen und ist seither wieder auf fast neun Dollar geklettert. Dieser Trend könne sich durchaus fortsetzen, wenn die Konsolidierung der Geschäftsbereiche so weitergehe und das Stromgeschäft sich stabilisiere, sagen die Analysten der US-Investmentbank William Blair. „Wir glauben zunehmend, dass sich das Risikoprofil von GE in den kommenden Monaten verbessern wird.“ Die Investoren werden jetzt umschwenken, so die Analysten: „Das Ende der Apokalypseszenarien ist in Sicht.“

Keine Zug-Übernahme

Der alte Rivale Siemens hat währenddessen die verbliebene Zugsparte von Alstom weiter im Visier. Auch Berlin wünscht sich eine Übernahme und die Schaffung eines „europäischen Champions“. Das Vorhaben hat aber nur noch wenige Chancen auf eine wettbewerbsrechtliche Genehmigung durch die EU-Kommission, berichtete die „FAZ“ kürzlich.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.01.2019)

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