Polen: Anwalt belastet Kaczyńskis Regierungspartei schwer

Polens Regierungsparteichef, Jarosław Kaczyńsk.
Polens Regierungsparteichef, Jarosław Kaczyńsk.(c) REUTERS (AGENCJA GAZETA)
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Parlamentarische Untersuchungskommission zur Reprivatisierung jüdischen Eigentums wird für Kaczyńskis PiS zunehmend zum Problem.

Warschau. Die linksliberale Tageszeitung „Gazeta Wyborcza“ hat am Donnerstag in Polen neue Tonbandaufnahmen der Verhandlungen zwischen dem Wiener Geschäftsmann Gerald Birgfellner und dem Regierungsparteichef, Jarosław Kaczyński, veröffentlicht.

Sie bestätigen, dass Kaczyński sich persönlich als großer Immobilienmogul sieht. Auch zeigen sie, dass es nicht nur die fehlende Baubewilligung des von der liberalen Opposition beherrschten Warschauer Ratshauses war, die Kaczyński zum Rückzug von dem Bauprojekt brachte, sondern Lokalwahlen vom Herbst 2018.

„Es gibt eine politische Kampagne unter dem Schlagwort, die Regierungspartei baue Bürotürme, sie kultiviere asiatische Machtmodelle und ich sei ein sehr reicher Mann“, erklärt Kaczyński auf dem Tonband Birgfellner, der die Bezahlung von nach seiner Meinung ausstehenden Rechnungen in der Höhe von 1,5 Mio. Euro für Planungsarbeiten fordert. „Eine solche Kampagne darf es nicht geben“, donnert Kaczyński und beschließt, das Projekt „K-Towers“ einstweilen ad acta zu legen.

Neue Tonbandaufnahmen

Die „K-Towers“ sind zwei 190 Meter hohe Bürotürme im teuren Zentrum der polnischen Hauptstadt, die jährlich allein 18 Mio. Euro Mieteinnahmen abwerfen sollten. Gebaut werden sollten die beiden Wolkenkratzer nominell im Namen der Lech-Kaczyński-Stiftung, die sich um das Andenken des 2010 bei einem Flugzeugabsturz getöteten Ex-Staatspräsidenten kümmert. Stiftungsratsvorsitzender ist der Chef und Gründer der Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS), Jarosław Kaczyński, Polens starker Mann, der dem Vernehmen nach ganz allein über die Berufung und Absetzung aller Minister des Kabinetts von Regierungschef und Ex-Banker Mateusz Morawiecki bestimmt.

Die Kaczyński-Regierung hoffte bei den Lokalwahlen vom Herbst 2018 auch das Warschauer Rathaus zu erobern. Für das Amt kandidierte der junge Vize-Justizminister Patryk Jaki (PiS), der sich zuvor landesweit einen Namen als Vorsitzender der PUK (Parlamentarischen Untersuchungskommission) zum Warschauer Immobilien-Reprivatisierungsskandal gemacht hatte. Es geht dabei um die schweren Vorwürfe gegen das Rathaus, sich mithilfe findiger Anwälte teure Immobilien in ehemals jüdischem Besitz, deren einstige Besitzer oder Erben als verschollen galten, anzueignen. Diese betrügerischen Machenschaften begannen unter Stadtpräsident Lech Kaczyński (2002-05, PiS), belasten aber vor allem dessen liberale Nachfolgerin Hanna Gronkiewicz-Waltz (2006-18).

Sexskandal aufgetaucht

PiS-Kandidat Jaki scheiterte im Herbst 2018 jedoch haushoch; Warschau bleibt somit liberal regiert. Hätte Jaki gewonnen, wäre der PiS die Baubewilligung für die beiden „K-Towers“ sicher gewesen, suggerieren die neuen Tonbandaufnahmen.

Nun hat am Donnerstag ausgerechnet ein von Jaki als wichtigster Zeuge gegen Gronkiewicz-Waltz vor die PUK berufener Immobilienanwalt, Robert Nowaczyk, dunkle Schatten auf Kaczyńskis Regierungspartei geworfen. Laut Nowaczyk hatte er vom Rathaus den Auftrag bekommen, den Baugrund an der von der Lech-Kaczyński-Stiftung besessenen Srebrna-Straße 16 von möglichen jüdischen Eigentumsforderungen zu säubern, indem er diese aufkaufe.

In PiS-Kreisen hieß es am Donnerstagabend sofort, der Anwalt sei völlig unglaubwürdig. „Der Schmiergeldnehmer und -geber rächt sich an jenen, die ihn hinter Gitter gebracht haben“, titelte das regierungsfreundliche Nachrichtenportal wpolityce.pl.

Gleichzeitig wurde ein angeblicher Sexskandal eines liberalen Parlamentsabgeordneten aufgebauscht. Stefan Niesolowski soll sich von drei am Donnerstag vom Antikorruptionsbüro CBA festgenommenen Geschäftsleuten für dessen Hilfe im Parlament und außerhalb mindestens acht Prostituierte bezahlen haben lassen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.02.2019)

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