Der Kläger in einem Musterverfahren macht Monsantos Unkrautvernichter Roundup für seine Krebserkrankung verantwortlich. Der erste Prozesstag verlief turbulent.
San Francisco/Leverkusen. Der US-Rechtsstreit um mögliche Krebsgefahren glyphosathaltiger Produkte der Bayer-Tochter Monsanto hat turbulent begonnen. Die Auseinandersetzung vor Gericht gipfelte am Montag darin, dass der zuständige Bundesrichter, Vince Chhabria, der Klägerseite mit Sanktionen drohte.
Die Anwältin des Klägers Edwin Hardeman, der Monsantos Unkrautvernichter Roundup für seine Erkrankung an Lymphdrüsenkrebs verantwortlich macht, habe sich nicht an die Prozessordnung gehalten, so Chhabria. Der Richter warf der Klägeranwältin vor, gezielt vom festgelegten Thema abgewichen zu sein. Chhabria hatte im Jänner entschieden, das Verfahren in zwei Teile zu trennen – zunächst geht es darum, ob Monsanto-Produkte krebserregend sind. Nur wenn die Klägerseite dies ausreichend belegen kann, würde die Frage verhandelt, ob das Unternehmen Risken verschwiegen hat. Die Anwältin habe sich in ihrem eröffnenden Statement nicht an diese Vorgaben gehalten. Chhabria verdonnerte sie per gerichtlicher Anordnung dazu, noch im Laufe des Tages eine schriftliche Erklärung darüber abzugeben.
Für die Leverkusener Bayer AG, die Monsanto vergangenes Jahr für rund 63 Milliarden Dollar (55 Mrd. Euro) übernommen hat, ist der Rechtsstreit hochbrisant. Denn es handelt sich um einen Musterfall in einem Massenverfahren, der richtungsweisend für viele weitere Klagen ist. Insgesamt ist Bayer mit rund 9300 US-Klägern konfrontiert. Hunderte Fälle sind bei Richter Chhabria in San Francisco gebündelt.
Divergierende Studien
Kläger Hardeman wirft dem Saatgutriesen auch vor, die Gefahren des Produkts vertuscht zu haben. Der Konzern weist die Anschuldigungen zurück. Er hatte bereits im vergangenen September eine Niederlage in einem anderen Fall vor einem US-Gericht erlitten, legte dagegen aber Berufung ein. „Während wir großes Mitgefühl mit Herrn Hardeman haben, unterstützt die umfangreiche wissenschaftliche Forschung zu glyphosatbasierten Herbiziden über vier Jahrzehnte hinweg die Schlussfolgerung, dass Roundup nicht für seine Krankheit verantwortlich ist“, teilte Bayer in einer Stellungnahme zum Prozessauftakt mit. Der Konzern beruft sich auf über 800 Studien, die belegen sollen, dass der Unkrautvernichter sicher ist – bei vorschriftsgemäßer Anwendung. Die US-Kläger stützen sich ebenfalls auf diverse Studien, zuvorderst auf die Internationale Krebsforschungsagentur der WHO, die Monsantos Unkrautvernichter 2015 als „wahrscheinlich krebserregend“ einstufte. (APA/DPA)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.02.2019)