Krach bei VW: Betriebsrat greift Management scharf an

Wolfgang Porsche sieht verkrustete Strukturen bei VW
Wolfgang Porsche sieht verkrustete Strukturen bei VW APA/dpa/Sebastian Gollnow
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Nach der Kritik von Volkswagen-Miteigner Wolfgang Porsche an der Macht des Betriebsrats beim Wolfsburger Autobauer geht die Arbeitnehmervertretung zum Gegenangriff über.

VW-Betriebsratschef Bernd Osterloh warf dem Management in einem Interview am Freitag schwere Fehler vor und forderte personelle Konsequenzen. "Es kann nicht sein, dass Milliarden versenkt werden und das bleibt ohne Folgen", sagte Osterloh der "Braunschweiger Zeitung". Allein das "mangelhafte Management" des neuen Abgastestverfahrens WLTP habe den Konzern im vergangenen Jahr "mindestens eine Milliarde Euro" gekostet.

Osterloh reagierte damit auf Äußerungen von Wolfgang Porsche. Der 75-Jährige Aufsichtsrat hatte dem Betriebsrat am Rande des Genfer Autosalons eine Mitverantwortung für verkrustete Strukturen bei Volkswagen und der Tochter Audi gegeben. VW müsse flexibler und produktiver werden, um gegen die Konkurrenz aus China bestehen zu können.

Der Betriebsratschef verwahrte sich gegen den Vorwurf, den Umbau des Unternehmens zu behindern. "Wir haben als Betriebsrat den Umbau noch nie aufgehalten." Dabei deutete Osterloh an, dass er die bei VW aktuell diskutierten zusätzlichen Einsparungen nur mittragen will, wenn Fehlentwicklungen angegangen würden. Themen wie Effizienzsteigerung, agiles Arbeiten, Investitionen in neue Büroarbeitsplätze und Beschäftigungssicherung müssten besprochen werden. "Damit starten wir aber erst, wenn die Frage der Verantwortlichkeiten an anderer Stelle geklärt sind." Derzeit lägen die Gespräche auf Eis. "Wir wollen erst Antworten vom Aufsichtsrat, wie wir mit den großen Fehlentwicklungen im Unternehmen umgehen. Wer trägt dafür die Verantwortung? Welche personellen Konsequenzen hat das?"

Neues Sparprogramm

Konzernchef Herbert Diess sprach Osterloh nicht direkt an, sagte nach Angaben der Zeitung aber, eine Gesamtverantwortung trügen immer die Chefs. Die Zukunftsfähigkeit von Volkswagen stehe auf dem Spiel. Damit droht der Konflikt zwischen Osterloh und Diess wieder aufzuflammen, der nach einem heftigen Streit vor zwei Jahren mit einem Burgfrieden beigelegt worden war. Damals vereinbarten Betriebsrat und Management im Rahmen des Zukunfspakts Einsparungen und Investitionen für den Umstieg in die Elektromobilität. Inzwischen ist in Konzernkreisen von weitergehenden Einsparungen die Rede, die auch einen weitern Personalabbau umfassen sollen. Das "Handelsblatt" berichtete, nach derzeitigem Stand seien Effizienzmaßnahmen von 5,9 Milliarden Euro jährlich ab dem Jahr 2023 geplant. Nötig seien aber wohl sieben Milliarden.

Laut "Braunschweiger Zeitung" erwartet Osterloh nach wie vor einen Abbau von Arbeitsplätzen außerhalb der Produktion in vierstelliger Größenordnung. "Wir haben den Vorstand schon vor fast zwei Jahren darauf hingewiesen, dass die Einführung neuer und moderner IT-Systeme zu einem Stellenabbau in den indirekten Bereichen führen wird", sagte der Betriebsratschef. Der Vorstand gehe von einem Abbau von 5000 bis 7000 Stellen aus. Darüber müsse verhandelt werden.

Im Zuge des Zukunftspakts sollen bis 2020 netto 14.000 Stellen durch Vorruhestandsregelungen abgebaut werden. In einer weiteren Sparrunde fallen in Emden und Hannover durch den Umbau zu Elektrostandorten weitere 7000 Arbeitsplätze weg. Damit könnten insgesamt bis 28.000 Stellen bei Volkswagen gestrichen werden.

(Reuters)

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