Das Ringen um die Stars von morgen

Marko Arnautovic hat serbische Wurzeln, entschied sich aber frühzeitig für das österreichische Nationalteam.
Marko Arnautovic hat serbische Wurzeln, entschied sich aber frühzeitig für das österreichische Nationalteam.(c) REUTERS (LEONHARD FOEGER)
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Die gescheiterte Einbürgerung von Ashley Barnes rüttelt den Verband abermals wach. Die Gefahr, potenzielle Teamspieler mit ausländischen Wurzeln zu verlieren, ist allgegenwärtig.

Wien. Mit versuchten Einbürgerungen von potenziellen Teamspielern hat man beim ÖFB in der Vergangenheit leidvolle Erfahrungen gemacht. Der Plan, Steffen Hofmann in Österreichs Nationalteam zu integrieren, scheiterte, diverse Brasilianer wie der bei Salzburg beschäftigte Stürmer Alan schafften es aus verschiedenen Gründen nicht in die heimische Auswahl, und auch mit der Spielgenehmigung für den Deutschen Christian Lell klappte es nicht.

Zuletzt scheiterte die Einbürgerung von Ashley Barnes am Veto des Innenministeriums – sehr zum Leidwesen von Teamchef Franco Foda. Dennoch spricht sich Foda dafür aus, weiter nach hochkarätigen Kickern mit nicht österreichischen Wurzeln Ausschau zu halten. „Wenn jemand Bezug zu Österreich, die sportliche Qualität und die Möglichkeit hat, eingebürgert zu werden, warum sollte man da darauf verzichten?“, fragte der Deutsche. Foda wies darauf hin, dass diese Vorgangsweise etwa in Balkan-Staaten oder in der Türkei gang und gäbe sei. „Alle anderen Länder machen es auch. Man muss aufpassen, dass sie uns nicht überholen.“

Eine Frage der Perspektive

In diesem Zusammenhang befindet sich der ÖFB in einer prekären Situation. Viele hochtalentierte Spieler in den Nachwuchs-Nationalteams haben Migrationshintergrund und könnten daher theoretisch den Verband wechseln, sofern sie im Besitz beider Staatsbürgerschaften sind. „Man muss auf der Hut sein und die Fühler ausstrecken, damit man nicht zu viele Spieler an andere Länder verliert“, warnte Foda.

Passiert ist das etwa bei Sinan Bytyqi, der die Junioren-Auswahlen im ÖFB durchlief und sich dann für den Kosovo entschied, ehe er seine Karriere als 22-Jähriger wegen einer Herzerkrankung beenden musste. Der in Wien geborene und aufgewachsene Rapid-Verteidiger Mert Müldür spielte in Nachwuchs-Nationalteams der Türkei und bestritt auch schon zwei A-Testmatches. Dessen Hütteldorfer Klubkollege Dejan Ljubicic ist österreichischer U21-Teamspieler, während sein ebenfalls in Wien zur Welt gekommener Bruder Robert zuletzt in die kroatische U20-Auswahl einberufen wurde.

Der österreichische U21-Internationale Arnel Jakupovic wird des Öfteren vom bosnischen Verband angebohrt, der Kosovo zeigt Interesse am kürzlich von Wacker Innsbruck zu Red Bull Salzburg transferierten Albert Vallci. ÖFB-Sportdirektor Peter Schöttel weiß um die Gefahr, dass Spieler reihenweise abgeworben werden könnten. „Man muss sich dessen bewusst sein, dass man jemanden jahrelang fördert und der dann sagt, ich spiele für ein anderes Land.“

Um dieses Szenario zu verhindern, suchen Schöttel und auch Foda regelmäßig das Gespräch mit den betreffenden Kickern. Zum einen, um ihnen den Verbleib beim ÖFB schmackhaft zu machen, zum anderen, um ihnen ein ehrliches Feedback über ihre Chancen auf eine A-Team-Einberufung zu vermitteln.

Eine Möglichkeit gäbe es, Verbandswechsel zu verhindern: Der begehrte Kicker müsste einen Pflichtspiel-Einsatz auf A-Team-Ebene absolvieren. Für Foda kommt es aber nicht infrage, Teenager ohne Nationalmannschafts-Niveau in Bewerbsmatches zu bringen, um sie an den ÖFB zu binden. „Andere Verbände setzen Spieler drei Minuten ein, damit sie für kein anderes Land mehr spielen können. Aber das ist nicht meine Intention, weil man ihnen dadurch die Möglichkeit verbaut, für ein anderes Land zu spielen, wenn sie nicht die Qualität für das österreichische Team haben.“

Mit derartigen Aktionen würden er als Trainer und der gesamte ÖFB an Glaubwürdigkeit und Seriosität verlieren. „Wenn ich so etwas machen würde, dann nur, wenn ich zu 100Prozent davon überzeugt bin, dass dieser Spieler langfristig im Nationalteam spielen kann. Alles andere wäre nicht fair und könnte ich nicht mit meinem Gewissen vereinbaren.“

Möglicherweise gibt es aber in nicht allzu ferner Zukunft doch einen Kicker, bei dem sich dieser Schritt auszahlen könnte. Der 15-jährige Yusuf Demir ist Leistungsträger im ÖFB-U17-Team und trainiert teilweise schon mit den Rapid-Profis. Bei der U19 der Hütteldorfer wurde er bei einem hochkarätig besetzten Turnier im Jänner zum besten Spieler der gesamten Veranstaltung gewählt.

Türkei an Demir interessiert

Nicht nur prominente Klubs aus England und Italien haben die Angel nach dem Stürmer bereits ausgeworfen, auch der türkische Verband ist schon auf Demir aufmerksam geworden. „Alle unsere Trainer reden ständig mit ihm. Wir können ihm nur vermitteln, dass wir an sein großes Potenzial glauben und auch daran, dass er einmal in der Nationalmannschaft spielen kann. Aber natürlich spielen seine Familie und sein Berater eine große Rolle“, sagte Sportdirektor Schöttel. (ag./red)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.03.2019)

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