In Österreichs einzigem Opel-Werk fallen erneut 400 Arbeitsplätze dem Sparstift zum Opfer. Die Betriebsräte klagen die Eigentümerin PSA.
Wien. Diesen Februar hätte man im Opel-Werk in Wien Aspern eigentlich Grund zum Feiern gehabt. Carlos Tavares, der Chef der neuen französischen Opel-Eigentümerin PSA (Peugeot Citroën), verkündete den ersten Gewinn nach 20 Jahren und erklärte die „dunkle Periode“ bei Opel für beendet.
Nur freute sich keiner so richtig. Betriebsrat und Gewerkschaft stellten in einer Aussendung klar, dass durch das geplante Produktionsvolumen die Mehrzahl der Beschäftigten in Aspern nicht abgesichert sei. Am Dienstag bestätigte der Mutterkonzern PSA ihre Befürchtungen in einer Betriebsversammlung: Bis zu 400 der 1200 Mitarbeiter in Österreichs einzigem Opel-Produktionswerk müssen bis Jahresende gehen, der Sozialplan wird bereits verhandelt.
Es ist nicht die erste Kürzung. Vergangenen April wurde bekannt, dass 140 Stellen wegfallen. Nach einer Förderung von einer Mio. Euro durch die Stadt Wien wurden die meisten Mitarbeiter trotzdem mit Abfindungen verabschiedet.
„Wortbrüchige“ Chefs
Die Gewerkschaft fühlt sich hinters Licht geführt, PSA sei wortbrüchig. Seit 2015 – vor Peugeot-Zeiten – gelte ein Standortsicherungspaket zwischen Belegschaft und Geschäftsführung, sagt Toni Steinmetz, Wiener Landessekretär der Gewerkschaft Pro-Ge. Es sollte eine „zukunftsorientierte, wettbewerbsfähige und nachhaltige Produktion“ im Werk langfristig absichern. Die Arbeitgeber versprachen genügend Aufträge, die Arbeitnehmer verzichteten dafür im Vorjahr auf zwei Prozent Lohn. Nur habe PSA nach der Übernahme nicht genug getan. „Dieses Zusammenstutzen entspricht sicher keiner zukunftsorientierten Produktion“, sagt Steinmetz. Aus Sicht der Opel-Betriebsräte ist damit auch ihr Teil der Abmachung hinfällig: Sie wollen die Lohnabschmelzung vom Vorjahr mit einer Klage vor dem Arbeits- und Sozialgericht bekämpfen, diese liegt schon fertig vor. Weitere schon geplante Gehaltseinschnitte würden sie nicht mehr hinnehmen.
Bei PSA sieht man die Dinge deutlich weniger dramatisch. „Aktuell wird eine neue Fertigungslinie in Betrieb genommen“, lässt Sprecher Christoph Stummvoll per Aussendung wissen. Ab dem Sommer werden in Aspern die Sechs-Gang-Schaltgetriebe MB6 für alle Fahrzeugmarken im Peugeot-Citroën-Opel-Reich produziert. Das zeige, dass das Werk „in der Zukunftsplanung eine wichtige Rolle innerhalb der Groupe PSA spielt“. Der Jobabbau sei aber unumgänglich, da eine andere Getriebeserie für die ehemalige Mutter General Motors (GM) ausläuft. Das habe PSA schon beim Kauf gewusst, kritisierte die Arbeitnehmerseite am Mittwoch.
Der französische Konzern fährt einen harten Sparkurs bei der Tochter, die er von GM 2017 mit 19 Mrd. Euro Minus übernahm. Im Opel-Land Deutschland kürzte er 3700 von zuletzt 19.000 Stellen über Altersteilzeit, Frühpensionen oder Abfertigungen und senkte so die Fixkosten um 30 Prozent. Auch Aspern ist eine Baustelle im konzernweiten Effizienzplan Pace.
Steinmetz warnt: Ende des nächsten Jahres läuft eine weitere große Motorenserie für GM aus. Es bestehe „dringend Handlungsbedarf“. Die Zukunft der verbleibenden 800 Mitarbeiter sei nicht sicher. PSA äußerte sich dazu nicht konkret, man werde ein „gutes Aktivitätsniveau“ in Aspern sichern.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.03.2019)