Massenproteste im Sudan: Militär marschiert auf

So sah die Situation am Sonntag in Khartum aus.
So sah die Situation am Sonntag in Khartum aus.APA/AFP/-
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Regierungsgegner protestieren seit Samstag vor einem Militärkomplex in Khartum gegen Langzeitpräsident al-Bashir. Sie hoffen, dass sich das Militär ihnen anschließt.

Die sudanesische Armee ist am Montag angesichts der seit Tagen anhaltenden Proteste von Regierungsgegnern vor ihrem Hauptquartier aufmarschiert. Die Soldaten ließen die Demonstranten laut Augenzeugen aber gewähren und riegelten stattdessen mehrere Zufahrtsstraßen zu dem Militärkomplex in Khartum ab, nachdem zuvor Geheimdienst und Polizei Tränengas in die Menge gefeuert hatten.

Die Organisatoren der Protestkundgebung gegen den umstrittenen Präsidenten Omar al-Bashir hatten die Armee zuvor aufgerufen, sich auf die Seite der Demonstranten zu stellen.

"Wenn die Armee hier ist, haben wir keine Angst", skandierten die Demonstranten, die seit Samstag vor dem Gebäude in der Hauptstadt Khartum ausharren. Die Soldaten errichteten nach Angaben von Augenzeugen Barrikaden auf mehreren Straßen rund um das Militärgelände, auf dem sich auch die Residenz des Präsidenten und das Verteidigungsministerium befinden.

Berichte über Warnschüsse

Am Montagmorgen waren laut Augenzeugen Agenten des Geheimdienstes Niss und Bereitschaftspolizisten mit mehreren Fahrzeugen vorgefahren, um die Menge mit Tränengas auseinanderzutreiben. Einige Demonstranten berichteten, die Armee habe Warnschüsse abgegeben. Diese Angaben konnten von unabhängiger Seite aber nicht bestätigt werden.

Die Organisatoren der bisher größten Proteste gegen al-Bashir forderten das Militär auf, die Demonstranten vor dem Geheimdienst und der Polizei zu schützen. Die Soldaten müssten ihrem Auftrag "zum Schutz des Volkes" nachkommen.

Präsident unter Druck

In dem afrikanischen Staat gibt es seit Mitte Dezember Proteste. Diese richteten sich zunächst gegen eine drastische Erhöhung der Brotpreise. Rasch weiteten sie sich zu Demonstrationen gegen den autoritär herrschenden Präsidenten aus. Im Februar verhängte al-Bashir den Notstand und schränkte das Versammlungsrecht ein, um die Proteste zu ersticken. Sie dauern dennoch weiter an.

Seit Beginn der Protestbewegung ging die Polizei immer wieder hart gegen Demonstranten vor, die Armee griff aber nicht ein. Nach amtlichen Angaben wurden seit Mitte Dezember bei den Kundgebungen 32 Menschen getötet. Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) geht dagegen von mindestens 51 Todesopfern aus.

Al-Baschir kam 1989 durch einen von Islamisten unterstützten Putsch an die Macht und herrscht seit drei Jahrzehnten. Vom Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag wird er wegen des Vorwurfs der Kriegsverbrechen und des Völkermordes in der Krisenregion Darfur gesucht.

(APA/AFP)

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