Der japanische Kaiser Akihito legt mit 85 Jahren freiwillig sein Amt zurück. Sein Sohn Naruhito wird neuer Tennō.
Japan steht ein wichtiges Ereignis bevor: Am 1. Mai besteigt ein neuer Kaiser den Thron. Wobei der Ausdruck Kaiser eigentlich untertrieben ist: Das japanische Wort „Tennō“ bedeutet soviel wie „himmlischer Herrscher.“ Der Tennō hat also neben seiner politischen auch eine religiöse Rolle. Bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs hatte der Kaiser sogar göttlichen Status. Die Verbindung von Shintō (so heißt die japanische Religion) und Politik erwies sich aber als schwierig. In der neuen Verfassung bekam der Tennō nur noch symbolische Aufgaben zugewiesen.
Der aktuelle Tennō, Akihito, ist sehr beliebt: Er genießt in der japanischen Bevölkerung ein hohes Ansehen bis hin zu tiefer Verehrung, auch wenn er und seine Familie ein vom strengen Hofzeremoniell bestimmtes, zurückgezogenes Leben führen. Aber nach einem schlimmen Erdbeben und der darauffolgenden Atomkatastrophe in Fukushima spendete er dem Volk Trost. Diese Beileidsbekundung und die Besuche bei den Opfern waren den Japanern sehr wichtig und gaben ihnen viel Kraft.
Allerdings ist Akihito 85 Jahre alt und gab vor einiger Zeit bekannt, dass er sein Amt aus gesundheitlichen Gründen zurücklegen wolle. Ein ungewöhnlicher Akt in Japan: Seit 200 Jahren hat kein Tennō freiwillig abgedankt. Nun tritt Akihitos ältester Sohn an seine Stelle: Er heißt Naruhito und ist 59 Jahre alt. Mit ihm soll die „Raiwa“-Ära, ein Zeitalter der „Harmonie“ anbrechen.
Starres Hofzeremoniell. Das wird keine leichte Aufgabe für den Thronfolger: Er muss die strikten Regeln der uralten japanischen Monarchie mit der Lebenswirklichkeit seines Volks in Einklang bringen. So sind etwa bis heute Frauen in Japan nicht nur von der Thronfolge ausgeschlossen, nach einer nicht standesgemäßen Heirat müssen sie sogar die Familie verlassen. Das passierte Naruhitos Schwester. Sayako heiratete 2005 einen Tokioter Stadtplaner und musste aus dem Palast in eine kleine Wohnung umziehen.
Naruhito gilt als fortschrittlich. Er studierte an der britischen Elite-Universität Oxford und genoss dort das ungezwungene Leben. Er ist auch der erste Königssohn, der in der Familie und nicht von Hofbeamten erzogen wurde. Die Frau von Naruhito ist Masako, eine ehemalige Diplomatin, die für den Kronprinzen eine vielversprechende Karriere aufgegeben hat. Sie leidet unter der Enge am Kaiserhof.
Wusstestdu schon, dass...
...in Japan andere Verhaltensweisen als bei uns üblich sind? Zum Begrüßen schüttelt man sich etwa nicht die Hände, sondern verbeugt sich. Geschenke werden nicht in der Gegenwart des Geschenkgebers ausgepackt. Und schneuzen gilt als unhöflich.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.04.2019)