Die Ereignisse vor drei Jahren waren eine Zäsur. Heute ist die Partei eine andere. Es ist zwar auch nicht wirklich besser. Aber es besteht Hoffnung. Nicht zuletzt dank Türkis-Blau.
Von jenen Worten (und Werten), die im Sprachrepertoire der Sozialdemokraten ganz vorn angesiedelt sind, war an diesem Tag wenig zu merken: Solidarität, Menschlichkeit, Respekt. Es waren einschneidende Szenen – und der Riss, der damals durch die Partei gegangen ist, besteht bis heute fort. Die Aggressivität an diesem 1. Mai 2016, als der amtierende Bundeskanzler und SPÖ-Vorsitzende Werner Faymann von Teilen seiner eigenen Partei in einer konzertierten Aktion ausgepfiffen und beschimpft wurde, hatte auch für den journalistischen Beobachter etwas Erschreckendes. Fragte man auf dem Rathausplatz danach Genossen, was denn da gerade aus ihrer Sicht geschehen sei, antworteten die einen: „Na und? War doch super! Faymann gehört endlich weg!“ Andere wiederum waren betrübt und betroffen. Auch der damalige ÖBB-Chef, Christian Kern. Oder er tat zumindest so.
Drei Jahre später, am 1. Mai 2019, hat sich die rote Welt einige Male weitergedreht. Kaum noch etwas ist, wie es damals war: Die Bundespartei hat zum zweiten Mal ihren Vorsitzenden gewechselt. Von Faymann zu Kern, von Kern zu Pamela Rendi-Wagner. Auch in der Wiener SPÖ geben heute andere den Ton an. Selbst dieser Wechsel wäre ohne die Ereignisse vom 1. Mai 2016 wohl nicht so vonstatten gegangen. Michael Ludwig war gewissermaßen der Rächer des Werner Faymann, der vom linken Flügel gestürzt wurde. Ihm war letztlich seine Abkehr von der „Refugees welcome“-Haltung zum Verhängnis geworden. Die Wiener SPÖ ist heute eine pragmatischere, weniger ideologische Partei, als es die Häupl-Brauner-Wehsely-Partei war. Sie hat aber, personifiziert in Michael Ludwig, schon auch recht klare Konturen.