"Denken, kochen, reden" mit Rudi Obauer

Spitzenkoch Rudi Obauer, hier nicht im Wald, sondern im Wiener Stadtpark.
Spitzenkoch Rudi Obauer, hier nicht im Wald, sondern im Wiener Stadtpark.(c) Clemens Fabry
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Schießen würde Rudi Obauer nie. Trotzdem ist er nun auf die Jagd gegangen. Und mit 58 fühlt er sich alt genug, sich auch Feinde zu machen.

Er gehe ja gern auf den Berg, sagt Rudi Obauer, sei viel in der Natur. Aber Jäger sei er keiner. „Mir gibt das nix.“ Auf die Jagd ist er nun trotzdem gegangen, gemeinsam mit dem Pinzgauer Christoph Burgstaller. Auf den war er gekommen, weil sein älterer Sohn den Jagdschein gemacht hat, dabei Burgstaller als Vortragenden hatte und begeistert war von dessen Wissen und seiner Art, Dinge zu vermitteln. Entstanden ist daraus ein Buch über die Jagd – und das Kochen. „Der Grundgedanke war: Der Jaga und der Koch gehen gemeinsam auf die Pirsch, und wenn der Schuss fällt, geht der Koch um die Kurve und denkt darüber nach, was er daraus zubereiten könnte.“

Hinter dem Projekt stehen irgendwie zwei Jubiläen. Im Mai 1979, vor genau 40 Jahren, begann Bruder Karl Obauer mit der Modernisierung des Familienbetriebs in Werfen. Bald stieg sein jüngerer Bruder Rudi ein, 1982 folgte die erste Haube, seit 1995 sind es vier. Und dann stand vor einiger Zeit das 20-Jahr-Jubiläum ihres „Neuen österreichischen Kochbuchs“ an. „Das hat sich damals irrsinnig gut verkauft“, sagt Rudi Obauer, und zunächst habe man an eine Neuauflage gedacht. Aber dann sei ihm das Thema Jagd viel spannender erschienen.

„Der Fasan, der arme Teufel“

So richtet sich das Buch an jene junge Generation von Jägern, die im Kurs auch etwas über Schwammerl und Jahreszeiten erfahren, „aber auch Stadtleute werden in das Thema eingeführt“. Hauptziel sei, „den Menschen spannende Geschichten über die Natur beizubringen.“ Geschrieben hat den opulenten 2,2-Kilo-Band, den Obauer schon als künftiges Standardwerk sieht, mit Xocolat-Gründer Werner Meisinger übrigens ein langjähriger Gegner der Jagd.

Aber auch aus kulinarischer Hinsicht sei ihm das Buch ein Bedürfnis gewesen, sagt Obauer. „Wenn man die Jagdkochbücher von früher durchschaut, ist ja die Kochzeit teilweise elendig lang. Ein Fasan wird da eineinhalb Stunden gebraten, der arme Teufel. Der ist dann trocken wie eine Schuhsohle, da hilft das ganze Speckhemd nichts mehr. Das ist dann wie ein Schwimmreifen für jemanden, der eh schon untergegangen ist.“

Drei Jagden hat er begleitet, vom Aufstehen bis zur Verzehr der Gamsleber, erst roh und dann über Buchenholzgrill. Auch Murmeltier oder Auerhahn kommen auf den Teller. Bezüglich Letzterem hatte Obauers Frau, im Gegensatz zu ihm selbst Jägerin, eine Diskussion mit einem entsetzten deutschen Gast. Aber in Österreich sei die Population groß genug, um die Tiere zu schießen. Dann müsse man, um das Fleisch zu bekommen, nur noch den Präparator kennen, denn dort geht der Auerhahn auf jeden Fall hin.

Gams und Murmel wiederum hätten viele der Omega 3-Fettsäuren, von denen so viel die Rede ist. „Eine Suppe daraus ist etwas absolut Gesundes.“ Er habe sich immer schon mit gesunder Ernährung befasst, sagt Obauer. Wilder Thymian, Wacholder, alles habe seine Funktion. „Wir brauchen keine importierte Gelbwurz, weil das genauso wirkt. Nur haben wir es verlernt, und mit dem anderen macht irgendjemand mehr Profit.“ Auch ob des heimischen Quellwassers („mit all den Mineralien, die man sich sonst in der Apotheke holt“) müsse man sich glücklich schätzen. Weshalb man Fleisch tunlichst darin kochen sollte, statt es „stundenlang im Plastiksackerl weichen zu lassen“. Und ja, „ich weiß, ich schreie jetzt gegen etwas, das vielen nicht passt“, sagt Obauer mit Blick auf das moderne Sous-vide-Kochen. „Aber ich habe das richtige Alter, um den Mund aufzumachen.“

Auch sein Herzinfarkt vor vier Jahren spielt da mit hinein. Damals habe er darüber nachgedacht, was ihm an Freiheit bleibe. Die Antwort? „Denken, kochen, reden.“ Er wisse, er könne die Welt nicht besser machen, „aber doch ab und zu ein bisschen laut denken.“ Überhaupt, sagt der 58-Jährige, sei er skeptisch „bei Leuten, die immer Ja sagen. Es sind die anderen, die uns weiterbringen.“ Dementsprechend seien auch seine Rezepte nur Anhaltspunkte. „Das heißt nicht, dass du es genauso machen musst.“

Als „Metzgerbua“ wisse er auch, „dass alles endlich ist.“ Über das Wie sollte man sich aber wieder mehr Gedanken machen. „Das Schönste wär' ja, wenn wir auch die Kuh erschießen.“ Er selbst will übrigens immer noch nicht zur Waffe greifen. „Aber ich hätte nicht gedacht, dass die Jagd so schön ist. Ich geh jederzeit wieder mit.“ Nicht dabei sein wird Burgstallers Jagdhund Egon: Er ist vor ein Auto gelaufen, hat die heutige Buchpräsentation nicht mehr erlebt.

AUF EINEN BLICK

Rudi Obauer (geb. 1961) führt gemeinsam mit seinem Bruder Karl seit 40 Jahren den Familienbetrieb im Salzburger Werfen. Die beiden gehören zu den besten Köchen Österreichs. Der Bildband „Der Jaga und der Koch“ mit Jäger Christoph Burgstaller wird heute Abend präsentiert. Servus Verlag, 370 Seiten, 48 Euro. 500 Stück erscheinen in einer Sonderausgabe um 150 Euro.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.05.2019)

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