Warum Kim wieder Raketen abfeuern lässt

In Südkoreas Hauptstadt Seoul verfolgten die Menschen die Berichte über nordkoreanische Tests mit Kurzstreckenraketen und Marschflugkörpern.
In Südkoreas Hauptstadt Seoul verfolgten die Menschen die Berichte über nordkoreanische Tests mit Kurzstreckenraketen und Marschflugkörpern.APA/AFP/JUNG YEON-JE
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Nordkoreas Regime testete Kurzstrecken-Geschosse, die offenbar über das Festland der koreanischen Halbinsel geflogen sind. Erst am Samstag hatte Kim mehrere Raketenwerfer ausprobieren lassen. Südkorea ist beunruhigt.

Nordkorea setzt seine provokativen Waffentests fort. Wie das südkoreanische Verteidigungsministerium mitteilte, wurden am Donnerstagnachmittag vom Raketenzentrum Sino Ri im Westen Nordkoreas mindestens zwei „Projektile“ abgefeuert. Ein Geschoss soll eine Reichweite von 420 Kilometern gehabt haben, ein anderes 270 Kilometer weit geflogen und dann in das japanische Meer eingetaucht sein. Die Regierung in Tokio teilte mit, damit seien weder der Luftraum noch die territorialen Gewässer Japans verletzt worden. „Im Moment sehen wir keine Situation, die unsere Sicherheit bedroht“, beruhigte das Verteidigungsministerium.

In Südkorea lösten die neuen Tests jedoch verschärfte Abwehrmaßnahmen aus, sagte das Nationale Sicherheitsbüro, ohne Details zu nennen. Der TV-Sender KBS berichtete unter Berufung auf das parlamentarische Verteidigungskomitee, die Projektile seien weite Strecken über das Festland der Halbinsel geflogen. Laut Südkoreas Militär ist das Testgelände Sino Ri ein mit Regimentsstärke besetzter Stützpunkt für ballistische Mittelstreckenraketen. Solche Raketen sind in aller Regel Boden-Boden-Geschosse, die einen konventionellen, chemischen, biologischen oder auch einen atomaren Sprengkopf befördern können.

Erst am Samstag hatte Nordkoreas Militär – nach eigenen Angaben unter Aufsicht von Diktator Kim Jong-un – mehrere Mehrfachraketenwerfer (sogenannte Stalin-Orgeln) und taktische Lenkwaffen getestet. Das Büro von Südkoreas Präsident, Moon Jae-in, erklärte daraufhin, die Regierung sei „besorgt“. Aus Sicht von Seoul verstoße das Abfeuern solcher Geschosse gegen den Militärpakt von 2018. Pjöngjang bestreitet das und steht auf dem Standpunkt, die neuerlichen Raketentests würden das „selbst auferlegte“ Moratorium nicht verletzen. Dieses gelte nur für die von der UNO mit einem Testverbot belegten Interkontinentalraketen.

Eine „Frustreaktion“

In Seoul wird vermutet, dieser jüngste Raketentest sei eine „Frustreaktion“ auf die festgefahrenen nordkoreanisch-amerikanischen Atomgespräche. Man wertet die Aktion als einen weiteren Versuch von Machthaber Kim Jong-un, die USA unter Druck zu setzen, einen Großteil der internationalen Sanktionen aufzuheben. Diese Provokation falle sicher nicht zufällig zusammen mit den dreiseitigen Konsultationen, die der Nordkorea-Beauftragte von US-Präsident Donald Trump, Stephen Biegun, am selben Tag in Seoul mit der südkoreanischen Regierung und Vertretern Japans führte.

Dabei soll es auch darum gegangen sein, ob angesichts der Provokationen die von Moon angedachten dringenden Lebensmittellieferungen für die hungernde Bevölkerung im Norden weiterhin opportun seien. Laut einer UN-Untersuchung droht derzeit in Nordkorea mindestens zehn Millionen Menschen eine Nahrungsmittelkatastrophe. Zuletzt hatte Südkoreas Regierung 2007 Lebensmittel über das Welternährungsprogramm (WFP) nach Pjöngjang geschickt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.05.2019)

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