Auf Schiene und Schwan am Mariagerfjord

Ein Stück lang kann man den beschaulichen Mariagerfjord mit der Museumseisenbahn entlangfahren. Die Mariager-Handest-Veteranjernbane verkehrt von Juni bis Oktober.
Ein Stück lang kann man den beschaulichen Mariagerfjord mit der Museumseisenbahn entlangfahren. Die Mariager-Handest-Veteranjernbane verkehrt von Juni bis Oktober.Dagmar Krappe
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43 Kilometer misst Dänemarks schönster Fjord, der Abschnitt von Hobro bis zum Kattegat. Aus der Sicht der Badegäste, Kanuten und Angler – sowie aus der von Nostalgikern, die mit Raddampfer und Dampfeisenbahn fahren.

Gibt es in Dänemark etwas zu feiern, schaut schon einmal die Königin vorbei. Stolz berichtet der Direktor des Maritimen Kulturcenters in Hobro, Peter Leth, auf welchem Hocker Margrethe II. gesessen ist und sich erzählen ließ, wie Schiffsplanken mit Hanf und Pech versiegelt werden. „Den Hobroer Hafen gab es bereits im Spätmittelalter. Da wurde Hering umgeschlagen“, erklärt Leth: „Heute legen jährlich mehr als 100 Schiffe am Nordkai an. Sie liefern Rohstoffe, Düngemittel, Baumaterialien.“ Vor einigen Jahren hat er die 170 Jahre alte Holzschiffswerft gekauft, um sie zu erhalten. Nun gehört sie einer Stiftung und ist Teil des Kulturcenters. Am Anleger dümpeln Segelschiffe. Auch der Zweimastschoner Brita Leth, auf dem man Törns buchen kann. Wer lieber festen Boden unter den Füßen hat, erfährt bei einer Führung, wie Holzschiffe repariert oder neu gezimmert werden. Gratis gibt's den Blick von der Dachterrasse des Museums über die Stadt und den Fjord, der in Hobro endet. 43 Kilometer misst er bis zum Kattegat.

Salz und Rosen

Der Raddampfer Svanen macht sich zur Nachbarstadt Mariager auf den Weg. „Der Fjord ist bis 30 Meter tief und sehr fischreich, besonders an Forellen“, sagt Kapitän Paul, „auch Hornhecht, Hering und Flunder hat man hier am Haken.“ Der „Schwan“ schippert an den Hügeln von Bramslev Bakker vorbei. „Geologisch ist der Mariagerfjord gar kein Fjord, sondern eine Förde“, so der Kapitän: „Im Dänischen gibt es im Gegensatz zum Deutschen kein Wort dafür.“ Diese Förde sei die Eiszunge eines großen Eispanzers im Becken von Ostsee und Kattegat, der sich landeinwärts bewegt und Geröll vor sich hergeschoben habe. Ein hügeliges Endmoränengebiet.

Hochlandrinder grasen beim Ufer. Am Anleger in Stinesminde schaukeln Motorboote. Je weiter die Svanen in Richtung Meer gleitet, desto flacher werden die Böschungen. Kanus kreuzen, dann nimmt sie Kurs auf Mariager am Südufer. Eine weiße Klosterkirche überragt den pittoresken Ort. Die Birgittinen gründeten im Mittelalter zwei Klöster in Dänemark: Maribo (Marias Haus) auf Lolland und Mariager (Marias Acker). Nach der Reformation 1536 wurde das Kloster ein protestantisches adliges Damenstift, aber wenig später geschlossen. Ende des 18. Jahrhunderts entfernte man den Großteil und baute den Rest zur Kreuzform um. „Mariager ist als Rosenstadt bekannt. Margrethe II. inspizierte den neuen Rosengarten mit 400 Sorten“, erwähnt Kapitän Paul, bevor er die Gäste von Bord geleitet.

Direkt im Hafen befindet sich das Salt Center. „Im Mittelalter war die Salzstadt des Nordens Lüneburg bei Hamburg“, erklärt Direktor und Geologe Henrik Hansen: „Das ,Lønborg-Salt‘ kam über Lübeck nach Skandinavien, um Fleisch haltbar zu machen. Unsere Salzstöcke wurden erst in den 1960ern westlich von Hobro entdeckt.“ Über eine 25Kilometer lange Pipeline gelangt die Sole von dort zur Firma Akzo Nobel direkt am Fjord. Sie bereitet daraus hauptsächlich Dialysesalz zu. Das Museum bezieht geringe Mengen Sole aus denselben Vorräten – für das Besucher-Experimentierlabor.

Geretteter Schienenstrang

Nicht nur in der Siedehütte dampft es. Im Bahnhof ist die Mariager-Handest-Veteranjernbane eingefahren. Die Luft riecht nach verbrannter Kohle. Bahnhofsvorsteher und Zugführer Max Rasmussen stempelt Pappkärtchen – Edmondson'sche Tickets: „Damit die Fahrt stilecht ist.“ 1927 wurde die private Bahnlinie von Mariager über Handest nach Viborg eröffnet. „Die 60Kilometer Trasse finanzierte sich durch den Transport von Kohle. Dampfschiffe lieferten sie in den Hafen von Mariager. Die Bahn brachte sie ins Hinterland“, erzählt Rasmussen. Ein alter Kohlekran steht als Industriedenkmal zwischen Kai und Bahnhof. „1966 stellte man die Verbindung ein, entfernte die Schienen zwischen Handest und Viborg. Die Gemeinde Mariager kaufte den verbliebenen 17Kilometer langen Schienenstrang, um noch 25 Jahre Bitumen zu transportieren. Und es entstand ein Verein zur Erhaltung.“ Seit 1970 dampft es wieder.

Als Lokführer verrichtet Anders Hansen Dienst auf der längsten Museumsbahnstrecke Dänemarks: „Als Arbeiter in einer Waggonfabrik hatte ich den Eisenbahnvirus im Blut.“ Die drei schwarzen Ladys auf dem Werksgelände erblickten 1909 bis 1928 das Licht der Schienenwelt bei Henschel in Kassel. Heute ist die Jüngste, Lok HV 3, im Einsatz. Kurz nach 14Uhr lässt Hansen die Dampfpfeife ertönen, eine Heizerin schaufelt Kohlen vom Tender in die Feuerbüchse. 400 Kilo verschlingt die Lok auf einer Hin- und Rücktour und schluckt dazu vier Kubikliter Wasser.

Wer einen Platz auf der rechten Seite ergattert hat oder auf einer Außenplattform stehen geblieben ist, hat kurz hinter Mariager den perfekten Blick auf den Fjord. Bald taucht der Zug in einen Mischwald ein, zuckelt durch sanft gewellte Felder und Weiden bis True und weiter bis nach Handest. Nein, Margrethe II. und ihr Gefolge warten nicht auf dem Bahnsteig. Aber der Dannebrog, die dänische Flagge, ist gehisst. Ob die Königin schon einmal mit dem Museumszug gefahren ist? „Natürlich“, sagt Rasmussen: „Aber das ist 30 Jahre her.“ Dann wird es Zeit für eine Wiederholung, Majestät!

IM NORDEN JÜTLANDS

Wohnen: Hotel Postgaarden, www.hotelpostgaardenmariager.dk

Hotel Bramslev Gaard, bramslevgaard.dk
Aktiv:
Kajak: www.mariagerfjordkajak.dk

Raddampfertour: www.svanen.dk

Museumseisenbahn: www.mhvj.dk

Salzmuseum: www.saltcenter.dk

Maritimes Kulturcenter: www.brita-leth.dk

Infos: www.visitmariagerfjord.dk www.visitdenmark.de/de

Compliance: Die Reise wurde von Visit Denmark unterstützt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.05.2019)

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