Wahlanleitung

Was 6,4 Millionen wahlberechtigte Österreicher wissen sollten

Sieben Parteien stehen am Stimmzettel. Dieses Mal ist die Liste der wahlwerbenden Parteien verhältnismäßig kurz.
Sieben Parteien stehen am Stimmzettel. Dieses Mal ist die Liste der wahlwerbenden Parteien verhältnismäßig kurz.(c) APA/HELMUT FOHRINGER (HELMUT FOHRINGER)
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Am 26. Mai wird man etwas länger auf das offizielle Ergebnis warten müssen als gewöhnlich. Dafür kann man schon jetzt seine Stimme abgeben. Eine kleine Wahlanleitung.

Es gibt Dinge über das EU-Parlament und seine Wahl am 26. Mai, die muss man nicht zwingend wissen. Dass an Plenartagen durchschnittlich 3500 Kilo Orangen als Saft konsumiert werden, zum Beispiel. Oder dass der Stimmzettel auch dann gültig ist, wenn man ihn als Papierflieger zusammenfaltet und ins Kuvert steckt – solange er noch lesbar ist.

Am Ende müssen die 6,4 Millionen Wahlberechtigten in Österreich zwei Fragen für sich selbst beantworten können: Welche Partei wähle ich, und soll einer ihrer Kandidaten meine Vorzugsstimme erhalten?
Das ist vor allem relevant, wenn das Kreuz am Stimmzettel neben der ÖVP gemacht wird. Denn die Volkspartei hat sich dazu entschieden, auf eine vorgegebene Listenreihung zu verzichten. Nach Brüssel und Straßburg werden jene Mandatare geschickt, die am öftesten namentlich oder mit ihrer Reihungsnummer am Stimmzettel erwähnt werden. Das Gesetz sieht eigentlich etwas anderes vor: Die Parteien legen eine Reihenfolge vor. Ein Kandidat aus den hinteren Plätzen wird nur dann vorgereiht, wenn er mehr als fünf Prozent der Parteistimmen als Vorzugsstimmen bekommt – und die davor gereihten Kandidaten nicht noch besser abschneiden. Das ist nicht unmöglich, aber schwierig. An diese Regelung halten sich die übrigen Parteien am Stimmzettel: Also SPÖ, FPÖ, Grüne, Neos, KPÖ und Europa Jetzt.

Wahlkarte bis kurz vor der Wahl abholbar

Um seine Stimme abzugeben, muss man aber nicht bis zum 26. Mai warten. Wer an diesem Tag verhindert ist, kann eine Wahlkarte beantragen. In vielen Gemeinden ist es online möglich, aber auch schriftlich (bis zum 22. Mai) oder persönlich. Das ist bis zum 24. Mai um zwölf Uhr möglich. Auch in der neuen „Digitales Amt“-App der Regierung kann man den Antrag stellen. Wer auf Nummer sicher gehen möchte, sollte darauf aber lieber verzichten. In Wien wurden nach einem technischen Fehler mehrere hundert Anträge zunächst nicht weitergeleitet.

Die Wahlkarte kann per Post versandt werden, die Portokosten trägt der Bund. Egal, ob das Kuvert im In- oder Ausland abgegeben wurde. Bis zum Wahlsonntag muss es bei den Behörden sein. In Österreich werden die Postkästen am Samstag vor der Wahl ab neun Uhr morgens geleert. In der EU und der Schweiz können Wahlkarten auch bis 20. Mai bei einer österreichischen Vertretungsbehörde abgeben werden, im Nicht-EU-Ausland bis zum 17. Mai. Eine Option ist aber auch, damit am 26. Mai in jedem Wahllokal und bei jeder Bezirkswahlbehörde seine Stimme abzugeben.

Warten auf ein offizielles Ergebnis

Ohne Wahlkarte kann nur in dem jeweils zugehörigen Wahllokal gewählt werden. Informationen darüber erhalten Bürger von Gemeinden mit mehr als 1000 Einwohnern in der sogenannten amtlichen Wahlmitteilung: Sie wurde per Post versandt und sollte schon im Briefkasten liegen. In kleineren Orten gibt es einen Aushang am Gemeindeamt. Neben der Adresse des Lokals wird dort auch über die Öffnungszeiten informiert. Sie sind je nach Bundesland unterschiedlich: Vorarlberg macht mit 13 Uhr als erstes Schluss, spätestens um 17 Uhr ist es in ganz Österreich vorbei. Das war in der Vergangenheit auch der spannendste Moment des Tages: Im Fernsehen wurden die ersten Hochrechnungen gezeigt. Dieses Mal muss man darauf etwas länger warten. Schuld daran sind, wenn man so will, die Italiener und ihre großzügigen Öffnungszeiten der Wahllokale. Die Ergebnisse dürfen vom österreichischen Innenministerium erst dann weitergegeben werden, sobald europaweit das letzte Wahllokal geschlossen hat.

Früher werden nur erste Trends und Prognosen veröffentlicht werden. Sie fußen auf Angaben der Wahlzeugen, also von Parteien in Wahllokalen entsandten Personen. Ihnen ist es dank eines rechtlichen Schlupfloches erlaubt, das Ergebnis ihres Sprengels weiterzugeben. Die Wahlbehörde und ihre Mitglieder dürfen das nicht.

Für kleinere Parteien wird dann vor allem eine Frage entscheidend sein: Erreichen sie mehr als vier Prozent der Stimmen? Erst wenn diese Hürde geschafft ist, können sie theoretisch an der Mandatsverteilung überhaupt teilnehmen. Jetzt wird es allerdings kurz kompliziert: Um tatsächlich einen Sitz im EU-Parlament zu erhalten, werden in der Praxis rund fünf Prozent benötigt. Anders als im Nationalrat, wo 183 Sitze zu vergeben sind, stehen Österreich im EU-Parlament nur 18 Mandate (bzw. 19 nach dem Brexit) zu.

(c) Die Presse

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