Belästigung: Wenn Voyeure ungefragt fotografieren

A woman wearing a tennis themed skirts walks with her companion at the Wimbledon tennis championships in London
A woman wearing a tennis themed skirts walks with her companion at the Wimbledon tennis championships in London(c) REUTERS (Toby Melville)
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Die Fälle von heimlich zwischen die Beine fotografierenden Männern mehren sich. Gegen sie vorzugehen ist – noch – schwierig.

Wien. Ein dicker älterer Mann (ein Foto von ihm kursiert in Sozialen Medien), der sich rund um die Regenbogenparade am Samstag in die Menge mischt und jungen Frauen von unten zwischen die Beine fotografiert. Kurz zuvor, Dienstag voriger Woche, hat ein offenbar anderer Mann im Resselpark am Karlsplatz einer Frau unter den Rock fotografiert – auch dieser Fall wurde via Internet bekannt. Beziehungsweise, durch ein Plakat (Titel: „Arschloch Alarm“) das die Betroffene samt Zeichnung und detaillierter Beschreibung des Mannes als Warnung am Karlsplatz aufgehängt hat. Oder, ein anderer der „Presse“ bekannter Fall aus einer S-Bahn: Eine Frau sitzt einem Mann gegenüber. Sie trägt Rock, er zieht sein Smartphone und fotografiert darunter. Die Frau bemerkt das, spricht ihn an, regt sich auf – er lacht ihr ins Gesicht.

Solche Fälle mehren sich – oder zumindest die Zahl der Fälle, die bekannt werden. Nicht nur in Österreich. „Upskirting“ heißt dieses Phänomen, Frauen voyeuristisch und meist heimlich, etwa auf einer Stiege oder in einer Menschenmenge, oder auch ganz offen zwischen die Beine oder unter einen Rock zu fotografieren.

Petition in Deutschland

Neu ist das Phänomen nicht. In den Tiefen des Internets gibt es einen regen Austausch solcher Bilder auf einschlägigen Plattformen oder in Foren. Beziehungsweise kommt Upskirting offenbar aus der Welt der Pornografie, in der Bilder von Darstellerinnen, die das gegen Geld freiwillig mitmachen ein eigenes Genre bilden. Zuletzt hat vor allem aber das Phänomen des ungefragten, öffentlichen „Upskirting“ und des Veröffentlichens dieser Bilder zugenommen. Und so ist mittlerweile in den USA oder Deutschland eine rege Debatte in Gange, wie man dem rechtlich beikommen kann. In Großbritannien droht seit Jahresbeginn nach einer Gesetzesänderung bereits eine Haftstrafe von bis zu zwei Jahren.

Diese Novelle war der Erfolg einer betroffenen Frau, die eine Online-Kampagne gestartet hatte. So eine Petition gibt es nun auch in Deutschland: Hanna Seidel, eine der zwei Initiatorinnen, war selbst zwei Mal betroffen: Im Alter von 13 Jahren habe ihr ein Lehrer unter den Rock gefilmt, schildert sie auf der Change.org-Seite der Petition. Mit 16 Jahren fotografierte ihr jemand auf einem Musikfestival zwischen die Beine. Die Petition, um die Gesetzeslücke in Deutschland zu schließen – solche Aufnahmen sind dort nur in privaten, geschlossenen Räumen verboten, strafbar macht man sich bei Aufnahmen aus dem öffentlichen Raum erst mit der Verbreitung – wurde bisher mehr als 50.000 Mal unterzeichnet. Und, die Initiatorinnen wurden mit Hasskommentaren bombardiert.

Polizei: Unbedingt melden

Auch in Österreich ist voyeuristisches Fotografieren im öffentlichen Raum nicht strafbar. Gerichtlich kann man derzeit dagegen nicht vorgehen, erklärt Staatsanwältin Christina Ratz aus dem Justizministerium. Auch ist hierzulande noch keine Gesetzesänderung in Diskussion, um das zu ändern.

Anders ist das, wenn jemand so eine Aufnahme veröffentlicht: Sollten sich solche Aufnahmen im Internet finden, kann man zivilrechtlich dagegen vorgehen.

Bei der Wiener Polizei fühlt man sich trotzdem für derartige Fälle zuständig. Eine vermehrte Anzahl von Meldungen sei bisher zwar noch nicht aufgefallen – aber so eine Statistik würde auch erst erstellt, wenn in den Landeskriminalämtern eine Häufung aufgefallen ist. Im Fall vom Karlsplatz wurde jedenfalls Anzeige erstattet.

Und, die Polizei rät unbedingt jeder betroffenen Frau (oder Menschen die das beobachten) sofort den Notruf 133 zu rufen und Ort des Geschehens und möglichst viele Details zum Täter zu melden.

Bei der Polizei sieht man die Möglichkeit, nach Paragraf §218 StGB „Sexuelle Belästigung und öffentliche geschlechtliche Handlungen“ gegen solche Taten vorzugehen. Noch seien die Erfahrungswerte da aber gering.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.06.2019)

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